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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.

ich ehre sie dafür; sie gleichen einem Bach, der sich endlich verliert, weil er das Thal befruchtete, daß Blumen des Frühlings in ihm sprossen konnten. Ausnahme unter den Schriftstellern gestehst du ja selbst ein, und woher kann man wissen, daß die andern besser geblieben wären, wenn sie nicht geschrieben hätten; vielleicht hätten sie ohnedem die Blüthen des Leben verlohren, ohne Früchte zurück zu behalten, und sie verdienen unsern Dank, daß sie, was sie doch nicht behalten konnten, lieber noch früh und duftend hingaben, damit wir uns daran ergötzen könnten. Oder glaubst du, ein Mensch werde schon schlimmer, allein dadurch, daß er etwas drucken läßt?

Heimdal.

Nothwendig gerade nicht, aber doch höchst wahrscheinlich. Sieht sich der Mann einmal gedruckt, wird vielleicht gar gelobet, so glaubt er, die Wahrheit nun entdeckt zu haben, anstatt zu handeln, schreibt er, anstatt noch mehr zu prüfen und zu lernen, vertheidigt er sein Buch, und da ihm sonst das ganze Reich der möglichen Kenntnisse und Meinungen offen stand, sich überall umzusehen, zu wählen, was er für gut hielt, und es ohne Beschämung wieder hinzulegen, wenn er sich vergriffen hätte; so steht er jezt vor seiner ausgekramten Waare, wie eine Schildwache, in beständiger Bereitschaft, auf jeden loszudrücken, der sich daran vergreifen will. So verderben – fast alle guten Köpfe,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält.. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 114. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft12_114.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)