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Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält

verleidet. Seine Liebe fehlt, ich konnte nur die meinige unterschieben.

Fr. v. Stralen. Wie du ihn hier gemahlt hast, meine Tochter, so wirst du ihn schwerlich jemals sehen.

Gräfin. (halb scherzhaft, halb betrübt) Nicht? – und doch söhnen Sie mich da mit meinem Bilde aus; mein Gedanke muß mir geglückt seyn, denn Sie verstehen ihn. Ich wollte ihn mahlen, wie er einst seyn wird, wenn unsre Herzen sich gefunden haben. Und dann sollte er sich schämen, daß er so lange kälter geblieben ist als sein Bild; und ich wollte triumpfiren, daß ich ihn gekannt habe, eh’ er gekannt seyn wollte.

Fr. v. Stralen. Und wenn er das nie wollte?

Gräfin. (traurig) Das wäre grausam! (schalkhaft) und die Bescheidenheit zu weit getrieben – (wieder übergehend) oder mich zu tief herabgesetzt! – Nein, beides kann er nicht. – Und bis dahin, (schwärmerisch gegen das Portrait) sei du mein Gemahl, mein Freund, mein Geliebter! Gieb du mir alles, alles was dein geitziges Original mir verweigert!

Fr. v. Stralen. Armes, gutes Weib! Du dauerst mich.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_112.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)