Seite:De Thalia Band3 Heft9 120.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält

Major. Laß mich ausreden, liebes Weib. Das Glück unsrer Tochter ist mir nicht weniger angelegen als dir. – Aber die Wünsche, die Bedürfnisse ihres Herzens! Warum wünscht, warum bedarf ihr Herz mehr, als es sollte? Damit sie den sonderbaren Eigensinn durchsetze, die einzige zu seyn, die sich an ihrer Stelle uns glücklich glaubte! Nein, es ist nicht recht, daß eine Schwärmerin die ganze Welt meistern will. Sie weint weil sie unter Menschen lebt, und nicht mehr unter Puppen.

Fr. v. Stralen. Sie hätten sehr Recht, mein Gemahl, wenn dieses kalte, ewig nur artige, nur anständige Betragen dem Grafen natürlich wäre. Aber er zwingt sich dazu und wie anders mag er vor – Gott weiß wem? erscheinen!

Major. Ah nun war’s endlich heraus! Eifersucht also? – Aber Kinder, was wollt Ihr auch? Der Graf hat in keinem Karthäuserkloster gelebt, eh’ er meine Tochter kannte. Aus Leidenschaft hat er sie nicht geheirathet. Und gewisse Verbindungen brechen sich so geschwind nicht ab. Er handelt wie ein Mann von Ehre daß er die seinige incognito hält, und wie er sich benimmt, ist es nicht seine Schuld, wenn seine Frau das Ansehen einer verlassenen Taube bekömmt.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Schiller (Hrsg.): Thalia. Dritter Band welcher das IX. bis XII. Heft enthält. Georg Joachim Göschen, Leipzig 1790–1791, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Thalia_Band3_Heft9_120.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)