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könnten, mit ehernem nordischen Willen dies Volk zu höheren Zielen zu leiten.

Etwas abseits lehnten unter den blühenden Mangobäumen die schwarzäugigen Dienerinnen. Aus dem keimüberfüllten Boden schienen sie aufzusteigen wie die Pflanzen, seltsamen Blumen gleich, die sich zu bewegen vermöchten. Abhold waren sie allem Grübeln über der Menschen Bestimmung und Ziele, dehnten lässig die geschmeidigen Glieder, sahen, wie die ganze übervolle, lebenwollende Natur um sie her, Erfüllung des Geschickes nur in der ewig erneuernden Liebe. Anderes Sehnen kannten sie nicht.

Zuweilen schauten die Mädchen scheu nach der fremden Frau aus dem Norden, doch als sie gewahrten, daß diese, wie es oft geschah, sich in tiefes Sinnen verloren, begannen sie untereinander leise zu flüstern. Uralte Sagen des Landes erzählten sie sich, und alle handelten sie von der Liebe und von dem Tode.

An der Königin Ohr drangen die Laute, aber sie achtete ihrer anfänglich nicht und empfand den Klang der süßen, jugendlichen Stimmen nur wie eine leise wiegende Begleitung zu der stürmenden Melodie eigener Herzenstöne. Doch einige Worte, die sie deutlicher vernahm, drangen bis zu ihrem Bewußtsein, hielten die eilenden Gedanken gefangen. Sie lauschte und fragte dann: »Was redet Ihr, Mädchen?«

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Elisabeth von Heyking: Weberin Schuld. G. Grote’sche Verlagsbuchhandlung, Berlin 1921, Seite 78. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Weberin_Schuld_Heyking_Elisabeth_von.djvu/086&oldid=- (Version vom 31.7.2018)