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Osten zurückbleiben, wie die Randketten von Ostasien, die westindischen Inseln, der Südantillenbogen zwischen Kap Horn und Grahamsland, ferner das Umbiegen spitzer Kontinentalenden nach Osten, wie der Schelfgebiete des Sundaarchipels und Floridas, der Südspitze Grönlands und Feuerlands, der Nordspitze Grahamslands, ferner das Abbrechen Ceylons, das östliche Abwandern Madagaskars von Afrika und Neuseelands von Australien; und weiter ist der Zusammenschub der Anden zu nennen. Alle diese Erscheinungen fallen zwar zunächst unter den Begriff der Kontinentverschiebung; aber sie bezeugen eine systematische Verschiebung der Kontinentalschollen relativ zu den neben ihnen liegenden Simamassen der Ozeanböden nach Westen und deuten deshalb an, daß sich die Kontinentalschollen wahrscheinlich auch relativ zu den unter ihnen liegenden Simamassen nach Westen verschieben, und da diese Anzeichen sich um die ganze Erde herum verfolgen lassen, werden sie zu einem Zeugnis für eine westwärts gerichtete Gesamtkrustendrehung. In der Tat wird von einer solchen Vorstellung ja in der heutigen Geophysik vielfach Gebrauch gemacht.

     Andererseits bezeugen gewisse Erscheinungen auch eine partielle Krustenwanderung, namentlich eine solche zum Äquator hin gerichtete. Schon theoretisch ist eine solche zu erwarten wegen der Existenz der an den Kontinentalschollen angreifenden Polfluchtkraft. Das große tertiäre Faltensystem vom Atlas bis zum Himalaja bezeugt einen Zusammenschub in Richtung auf den damaligen Äquator, der nur durch Krustenwanderung über die Unterlage zustande kommen kann.

     Alles dies sind indirekte Anzeichen. Ein mehr unmittelbares Zeugnis für Krustenwanderung über die Unterlage liefert die Schwereverteilung. Hierauf müssen wir etwas näher eingehen.

Wir geben in Abb. 40 eine von Kossmat [38] entworfene Karte der Schwerestörungen in Mitteleuropa wieder. Die wirklich beobachteten Schwerewerte sind, wie üblich, so reduziert worden, als wenn das ganze Relief der Erde bis zum Meeresniveau abgehobelt und die Messung in diesem Meeresniveau ausgeführt wäre, d. h. es ist außer der Reduktion auf das Meeresniveau auch noch der Einfluß der Massen oberhalb des letzteren vom Resultat abgezogen. Der so reduzierte Beobachtungswert ist dann mit dem für die betreffende geographische Breite gültigen Normalwert der Schwere verglichen und die Differenz, die Schwereanomalie, in der Abbildung dargestellt worden. Sie zeigt uns unmittelbar das Massendefizit unter dem

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Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 158. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_158.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)