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nur da vorkommen, wo der Vulkanismus fehlt oder erloschen ist, was gleichfalls darauf hindeutet, daß gerade diese Gebiete sich zusammenschieben. Das zunächst paradoxe Ergebnis, daß der Vulkanismus dort aufhört, wo Zusammenschub beginnt, findet im Rahmen unserer Vorstellungen eine ungezwungene Erklärung.

     Es ist nicht undenkbar, daß in den ältesten vorgeologischen Zeiten die Sialhaut noch die ganze Erde umkleidete. Sie kann dann in jener Zeit nur etwa ein Drittel ihrer heutigen Mächtigkeit gehabt haben und muß mit einer „Panthalassa“ bedeckt gewesen sein, deren durchschnittliche Tiefe A. Penck zu 2,64 km berechnet, und die wohl nur wenige oder gar keine Teile der Erdeberfläche frei ließ.

     Für die Richtigkeit dieser Vorstellung sprechen jedenfalls zwei Gründe, nämlich die Entwicklung des Lebens auf der Erde und der tektonische Bau der Kontinentalschollen.

     Steinmann sagt [192]: „Es zweifelt wohl kaum jemand ernstlich daran, daß das Leben des Süßwassers sowie des festen Landes und der Luft aus dem des Meeres hervorgegangen ist.“ Vor dem Silur kennen wir keine luftatmenden Tiere; der älteste Landpflanzenrest stammt aus dem Obersilur von Gotland. Nach Gothan [193] sind noch aus dem älteren Devon hauptsächlich nur moosartige Pflanzen ohne eigentliches Laub bekannt. „Spuren eigentlicher, spreitiger Blätter sind im älteren Devon selten. Fast alle Gewächse waren klein, krautig und von geringer Standfestigkeit.“ Dagegen wird die Flora im Oberdevon bereits der karbonischen ähnlich „durch das Auftreten großer, entwickelter, geaderter Blattspreiten, durch die durchgeführte Arbeitsteilung der Pflanze in bezug auf Ausbildung der tragenden und assimilierenden Organe… Der Charakter der Flora des älteren Devons, ihre niedrige Organisation, ihre geringe Größe usw. legt den Gedanken nahe, daß die Landflora dem Wasser entstammt, wofür sich schon Potonié, Lignier, Arber u. a. ausgesprochen haben. Die im Oberdevon beobachteten Fortschritte sind aufzufassen als Anpassung an die neue Lebensweise auf dem Lande, in der Luft.“

     Andererseits scheint es, als ob bei Ausglättung aller Falten in den Kontinentalschollen die Sialrinde tatsächlich genügend vergrößert wird, um sich um die ganze Erde herumzuschließen. Heute nehmen die Kontinentalschollen mit ihren Schelfen allerdings nur noch ein Drittel der Erdoberfläche ein, aber schon für das Karbon erhalten wir eine bedeutende Vergrößerung (auf etwa die Hälfte der Erdoberfläche). Je weiter wir aber in der Erdgeschichte zurückgehen,

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Wegener: Die Entstehung der Kontinente und Ozeane. Braunschweig: Friedr. Vieweg & Sohn Akt.-Ges., 1929, Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wegener_Kontinente_207.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)