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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

Freuen uns – mit leerer Tasche,
Wenn uns nur aus voller Flasche
Klar der braune Nektar quillt.

     Nicht in marmornen Trophäen

20
Kann die späte Nachwelt sehen,

Was wir Brüder hier gethan;
Doch zum Denkstein unsern Siegen
Häufen wir aus leeren Krügen
Hohe Pyramiden an.

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     Mit dem Humpen in der Linken

Wollen wir dein Wohlsein trinken,
Altes, frohes Burschentum:
Mit dem Hieber in der Rechten
Wollen wir dich kühn verfechten,

30
Freies, tapfres Burschentum!


Hans Huttens Ende.[1]

Laut rufet Herr Ulrich, der Herzog, und sagt:
„Hans Hutten reite mit auf die Jagd,
Im Schönbuch[2] weiß ich ein Mutterschwein,
Wir schießen es für die Liebste mein.“

5
     Und im Forst sich der Herzog zum Junker wandt’:

„Hans Hutten, was flimmert an deiner Hand?“ –
„Herr Herzog, es ist halt ein Ringelein,
Ich hab’ es von meiner Herzliebsten fein.“ –

     „Herr Hans, du bist ja ein stattlicher Mann,

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Hast gar auch ein güldenes Kettlein an.“ –

„Das hat mir mein herziger Schatz geschenkt
Zum Zeichen, daß sie noch meiner gedenkt.“

     [31] Und der Herzog blicket ihn schrecklich an:
„So? das hat alles dein Schatz gethan?

15
Der Trauring ist es von meinem Weib,

Das Kettlein hing ich ihr selbst um den Leib.“

     O Hutten, gib deinem Rappen den Sporn,
Schon rollet des Herzogs Auge im Zorn!
Flieh, Hutten! es ist die höchste Zeit,

20
Schon reißt er das blinkende Schwert aus der Scheid’!


     „Dein Schwert ’raus, Buhler, mich dürstet sehr,
Zu sühnen mit Blut meines Bettes Ehr’!“
Flugs, Junker, ein Stoßgebetlein sprich,
Wenn Ulrich haut, haut er fürchterlich.

25
     Es krachen die Rippen, es bricht das Herz;

Ruhig wischet Ulrich das blutige Erz,
Ruhig nimmt er des ledigen Pferdes Zaum
Und hänget die Leich’ an den nächsten Baum.

     Es steht eine Eiche im Schönbuchwald,

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Gar breit in den Ästen und hochgestalt;

Zum Zeichen wird sie Jahrhunderte stahn,
Hier hing der Herzog den Junker dran.

     Und wenn man den Herzog vom Lande jagt,
Sein Name bleibt ihm, sein Schwert; er sagt:

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„Mein Name, er verdorret ja nimmermehr,

Und gerächet hab’ ich des Hauses Ehr’.“


Stille Liebe.

O dürft’ ich fragen, was aus ihrem Auge
Oft so entzückend mir entgegenstrahlt,
Was, wenn ich schnell mich ihrer Seite nahe,
Die Wangen ihr mit hoher Röte malt!

5
Ahnt sie, was meine Lippen ihr verschweigen,

Was meine Brust mit stiller Sehnsucht füllt?
Hofft’ ich zu kühn? ist es der Strahl der Liebe,
Der so entzückend ihrem Blick entquillt?


  1. Vgl. „Lichtenstein“, Teil II, Kapitel IV. – Über das Historische s. unsre Anmerkung am Schluß des Bandes.
  2. Buchenwaldung bei Böblingen in Württemberg.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 30–31. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_038.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)