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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

„Fliehet, Junker, fliehet“, rief sein treuer Führer und stellte sich mit seiner Axt zum Kampf bereit; doch Georg zog sein Schwert, und in demselben Augenblick sah er sich von fünf Männern angefallen, während sein Gefährte schon mit drei andern im Handgemenge war.

Der enge Hohlweg hinderte ihn, sich seiner Vorteile zu bedienen und auf die Seiten auszubiegen. Einer packte die Zügel seines Rosses, doch in demselben Augenblick traf ihn Georgs Klinge auf die Stirne, daß er ohne Laut niedersank; doch die andern, wütend gemacht durch den Fall ihres Genossen, drangen noch stärker auf ihn ein und riefen ihm zu, sich zu ergeben; aber Georg, obgleich er schon am Arm und Fuß aus mehreren Wunden blutete, antwortete nur durch Schwerthiebe.

„Lebendig oder tot“, rief einer der Kämpfenden, „wenn der Herr Herzog nicht anders will, so mag er’s haben.“ Er rief’s, und in demselben Augenblick sank Georg von Sturmfeder, von einem schweren Hieb über den Kopf getroffen, nieder. In tödlicher Ermattung schloß er die Augen, er fühlte sich aufgehoben und weggetragen und hörte nur das grimmige Lachen seiner Mörder, die über ihren Fang zu triumphieren schienen.

Nach einer kleinen Weile ließ man ihn auf den Boden nieder, ein Reiter sprengte heran, saß ab und trat zu denen, die ihn getragen hatten. Georg raffte seine letzte Kraft zusammen, um die Augen noch einmal zu öffnen. Er sah ein unbekanntes Gesicht, das sich über ihn herabbeugte. „Was habt ihr gemacht?“ hörte er rufen, „dieser ist es nicht, ihr habt den falschen getroffen. Macht, daß ihr fortkommt, die von Neuffen sind uns auf den Fersen.“ Matt zum Tode schloß Georg sein Auge, nur sein Ohr vernahm wilde Stimmen und das Geräusch von Streitenden, doch auch dieses zog sich ferne; feuchte Kälte drang aus dem Boden des Wiesenthales und machte seine Glieder erstarren, aber ein süßer Schlummer senkte sich auf den Verwundeten herab, und mit dem letzten Gedanken an die Geliebte entschwanden seine Sinne.




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Anmerkungen[1].


1.

Ulrich von Württemberg (geb. 1487) wurde 1498 in seinem eilften Jahre als Herzog belehnt mit einer Mitregentschaft, welche in seinem sechzehnten Jahr aufgehoben wurde und Ulerich von 1503 an allein regierte. Er starb im Jahr 1550.


2.

Es ist hier Eberhard im Bart gemeint, der (geb. 1445, gest. 1496) sehr weise regierte. Er war der erste Herzog von Württemberg. Christoph (geb. 1515, gest. 1568), ein Fürst, dessen Andenken nicht nur in Württemberg, sondern in ganz Teutschland gesegnet wird. Er ist der Stifter der württembergischen Konstitution.


3.

Christ. Tubingii Chron. Blabur ad annum 1516: Maximilianus Caesar ex suggestione Ducis Bavariae et sororis uxoris Udalrici aliorumque non multum Udalrico deinceps favere cepit.


4.

Das Nähere über diese Einnahme ist in der trefflichen Geschichte Württembergs von C. Pfaff I, 291, und Sattler, Geschichte der Herzoge von Württemberg II, 5. Hauptsächlich aber bei Pedius Thethinger in comment. de reb. Wurtemb. sub Ulrico Lib. I. in fine und ap. Schardii script. rerum germ. Tom. II, pag. 885 zu lesen.


5.

Der Herzog hatte mit Landgraf Philipp von Hessen ein Bündnis errichtet auf 200 Reiter und 600 zu Fuß, ebenso mit Markgraf Ernst von Baden, aber sie entschuldigen sich beide, daß sie selbst mit einem Einfall bedroht seien.


  1. Hauffs.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 164–165. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_105.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)