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„Was ist denn das?“ rief der kleine Hauptmann Muckerle mit giftigen Blicken, „wie hat sich der Bauer daher eingeschlichen, ohne daß unsere Wachen ihn meldeten? Das ist ein Spion, man muß ihn hängen!“

„Zei nicht wunderlich, Muckerle, daz ist kein Spioner; komm’, zez’ dich zu mir. Bist ein Spielmann, daß du die Cittarra umhängst wie ein Spanier, wenn er zu zeinem Schätzerl geht?“

„Ja, Herr! ich bin ein armer Spielmann; eure Wachen haben mich nicht angehalten, als ich aus dem Wald kam. Ich sah Euch spielen und wagte es, den Herren zuzusehen.“

Die Hauptleute dieses Freikorps waren nicht gewohnt, so höflich mit sich sprechen zu hören, daher faßten sie Zuneigung zu dem Spielmann und luden ihn sehr herablassend ein, sich zu ihnen zu setzen, denn sie hatten in fremden Kriegsdiensten gelernt, daß große Könige und Feldherren sehr vertraulich mit den Meistern des Gesanges umgehen.

Der Oberste that einen Trunk aus einer zinnernen Flasche, bot sie dem kleinen Hauptmann und sprach mit heiterer Miene: „Muckerle, daz zoll mein Tod zein, waz ich getrunken, wenn ich nicht allez vergesse; Hader und Zank haben ein Ende; wir wollen nicht weiter spielen, ihr Herren; ich liebe Gezang und Lautenspiel, wie wäre ez, wenn wir uns aufspielen ließen?“

Die Männer willigten ein und warfen die Karten zusammen; der Spielmann stimmte seine Zither und fragte, was er singen solle?

„Sing’ ein Lied vom Spiel!“ rief einer; „weil wir gerade dran sind.“

Der Spielmann sann ein wenig nach und hub an:

„Von dem Zinken, Quater und As
Kommt mancher in des Teufels Gass’,
Von Quater, Zinken und von Dreien
Muß mancher Waffengo schreien.
Von As, Seß und Daus
Hat mancher gar ein ödes Haus,
Von Quater, Drei und Zinken
Muß mancher lauter Wasser trinken, [307]
Von Zinken, Drei und Quater
Weinen oft Mutter, Kind und Vater,
Von Zinken, Quater und Seß
Muß Jungfrau, Metz und Agnes
Oft gar lang’ unberaten bleiben,
Will er die Läng’ das Spiel betreiben.“[Hauff 1]

Der Oberst Peter und die Hauptleute lobten das Lied und reichten dem Spielmann zum Dank die Flasche. „Gott gesegne es euch“, sagte dieser, indem er die Flasche zurückgab; „viel Glück zu eurem Zuge; ihr seid wohl Obersten und Hauptleute des Bundes und ziehet wieder zu Feld? Darf man fragen, gegen wen?“

Die Männer sahen sich an und lächelten, der Oberst aber antwortete ihm: „Ganz unrecht habt Ihr nicht, wir haben früher dem Bund gedient, jetzt aber dienen wir niemand alz unz zelbst, und wer Leute braucht, wie wir zind.“

„Die Schweizer werden heuer ein gutes Jahr haben, man sagt ja, der Herzog wolle wieder ins Land?“

„Aller Hund’ Krümmen komme auf die Schweizer“, rief der Oberst; „wie übel zind zie an ihm gefahren; der gute Herzog hat all’ zeine Hoffnung auf zie gesetzt, und diavolo maledetto, wie haben zie ihn im Stich gelassen bei Blaubeuren!“

„Sie haben ihn schändlich gelassen“, sagte der Hauptmann Muckerle mit heiserer Stimme; „aber doch, so man’s beim Licht b’sieht, so g’schieht ihm wohl halb recht, dann er sollt’ sie je wohl kennt haben; es leit doch am Tag, daß sie kein dick’s Britlein boren. Der Tüfell hol’ sie all’.“

„Ja, der Herzog hat halt nichts Besseres haben können“, entgegnete der Spielmann; „freilich, wenn er solche Herren gehabt hätte wie ihr und eure tapfere Fähnlein, da wäre der Bund noch bei Ulm.“

„Du hast da ein wahrez Wort gesprochen, guter Gezell! Landsknecht’ hätte er zollen haben und keine Schwyzer. Und hält er zich jetzt wieder zu ihnen, zo weiß ich, waz ich von ihm halte. Landsknecht’ hätt’ er zollen haben, ich zag’s noch einmal. Nicht wahr, Magdeburger?“

„Dat well ich man och meenen“, antwortete der Magdeburger.

Anmerkungen (Hauff)

  1. [433] Dieses Lied führt auch Lessing in der Sammlung auf, die den Namen trägt: „Altdeutscher Witz und Verstand“.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 306–307. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_176.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)