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Wesen des Nahenden hatten dem Pfeifer von Hardt längst gesagt, wen er zu erwarten habe. Und er betrog sich nicht, denn einer der Knechte trat jetzt vor den Oberst und berichtete, daß der „Edle von Sturmfeder“ mit den Anführern der gesamten Landsknechte etwas zu sprechen habe.

Der lange Peter antwortete im Namen der übrigen: „Zag’ ihm, er ist willkommen; Peter Hunzinger, der Oberst, Ztaberl von Wien, Cunrad der Magdeburger, Balthasar Löffler und der tapfere Muckerle, wohlbestallte Hauptleute, erwarten ihn zum Gespräch. – Gott straf’ mein’ Zeel’, er hat einen schönen Harnisch und einen Helm wie der König Franz; aber zein Gaul dürfte besser zein, Mordblei! er ist an allen vieren steif!“

„Dos ist holt, sog’ ich, weil er den gonzen Sommer g’stonden ist in Mömpelgard beim Herzog.“

Die Männer belächelten den Witz des Wieners, doch hüteten sie sich, ihre Freude laut werden zu lassen, denn der Ritter hielt nicht allzu ferne. Noch immer machte er aber keine Miene, abzusteigen und sich ihnen zu nahen; er sprach mit dem Knecht, schlug dann das Visier auf und zeigte ein schönes, freundliches Gesicht. „Steht dort nicht Hans der Spielmann?“ rief er mir lauter Stimme. „Erlaubet, daß er ein wenig zu mir trete.“

Der Oberst nickte dem Pfeifer zu, er ging, und der Junker schwang sich vom Pferde. „Willkommen in Württemberg, edler Herr“, rief der Mann von Hardt, indem er den Handschlag des Junkers treuherzig erwiderte. „Bringt Ihr gute Botschaft? Ich seh’s Euch an den Augen an, es steht gut mit dem Herzog.“

„Komm! tritt hier ein wenig auf die Seite“, sagte Georg von Sturmfeder mit freudiger Hast. „Wie steht es auf Lichtenstein? Denkt sie an mich? Hast du einen Brief, ein paar Zeilen? O, gib schnell! Was läßt sie mir sagen, guter Hans?“

Der Pfeifer lächelte schlau über die Ungeduld des liebenden Jünglings; „einen Brief hab’ ich nicht, keine Zeile. Sie ist gesund und der alte Herr auch; das ist alles, was ich weiß.“

„Wie?“ unterbrach ihn Georg; „keinen Gruß? keine Botschaft? So hat sie dich gewiß nicht ziehen lassen!“

„Als ich vorgestern Abschied nahm, sagte das Fräulein: [313] ‚Sag’ ihm, er soll sich sputen, daß er einziehet in Stuttgart‘; sie wurde gerade so rot wie Ihr jetzt, als sie dies sprach.“

Der junge Mann errötete voll freudiger Gefühle, sein Auge glänzte und ein freundliches Lächeln zeigte, daß er den Sinn dieser Worte verstanden habe.

„Bald, bald werden wir einziehen, so Gott will“, sagte er. „Aber wie lebten sie diesen langen Sommer; nur dreimal kam uns Botschaft von ihnen zu! Warst du oft auf Lichtenstein, Hans? War sie traurig? Was sprach sie?“

„Lieber Herr“, antwortete der Mann von Hardt, „geduldet Euch noch, auf dem Marsch will ich Euch ein langes und breites erzählen, für jetzt nur so viel: Sobald der Alte hört, daß Ihr auf Stuttgart ziehet, will er von Lichtenstein aufbrechen und Euch die Braut zuführen. Denn er zweifelt nicht, daß Ihr die Stadt überwältiget. Habt Ihr Heimsheim?“

„Wir haben es; ich jagte mit zwölf Reitern in die Thore, ehe sie sich’s versahen. Die Besatzung war zwar etwas stärker als wir, aber mutlos und unzufrieden. Ich handelte mit ihnen in des Herzogs Namen, da glaubten sie, er liege mit vielen Truppen noch im Hinterhalt und ergaben sich. So weit wären wir nun in Württemberg, aber wie ist der Weg weiterhin?“

„Offen, bis ins Herz offen. Ich bringe Euch wichtige Nachricht vom Ritter von Lichtenstein; daß die gewaltigen Herren aus dem Lande sind, wisset Ihr –“

„Sie halten einen Bundestag in Nördlingen[Hauff 1], ist’s nicht so? Freilich wissen wir’s, denn auf diese Nachricht brach der Herzog aus Baden auf.

Nun, und wenn die Katzen fort sind, tanzen die Mäuse auf dem Tisch! Die Besatzungen sind überall unbesorgt; an den Herzog denkt kein Bündler mehr, sie sind nur aufmerksam auf den Bundestag, welchen Herrn wir bekommen werden: den Österreicher, den Bayer, den Prinzen Christophel, oder ob uns der Städtebund, Augsburg und Aalen, Nürnberg und Bopfingen regieren werde.“

„Welche Augen sie machen werden“, rief Georg lächelnd, „wenn der Stuhl schon besetzt ist, um welchen sie streiten!

Anmerkungen (Hauff)

  1. [434] Der Schwaben- und Frankenbund hielt in diesem Sommer einen Bundestag in Nördlingen. Auch die Herzogin Sabina und der Herzog von Bayern fanden sich dort ein, um hauptsächlich über Württemberg zu entscheiden. Sattler II, § 15.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 312–313. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_1_179.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)