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Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke

handfester Schläger demagogischer Umtriebe verdächtig. Es ist ergötzlich, diesen Allerwelts-Demagogen und -Umtreiber in die Untersuchung läppischer Studentenverbindungen verwickelt zu sehen. … Indessen wird doch etwas davongetragen, nämlich der Anfang einer Novelle, den wir hinlänglich loben, wenn wir sagen, daß wir schon um seinetwillen dem 2. Bändchen, das uns den Schluß bringen soll, mit Verlangen entgegensehen …“

Sonderbarerweise hatte gerade diese doch nicht überschwenglich lobende Kritik für Hauff eine unangenehme Folge. Im „Bemerker“ Nr. 10, der Beilage des „Gesellschafters“ vom 22. März 1826, erschien nämlich folgender gehässige, wenn auch vielleicht nicht gerade bewußt verleumderische Angriff mit der Aufschrift:

„Wie wird jetzt in Deutschland ein litterarischer Name nicht erworben, sondern fabriziert?“
Stuttgart, Ende 1825.  

„… Der Titel muß auffallend sein; kann man keinen neuen erfinden, so wärmt man einen dergleichen alten auf, mit dem Inhalt mache man es ebenso; – je konfuser, um so tiefsinniger, je hanswurstartiger, um so humoristischer. … Der Autor muß alle Form verachten und aller Formen sich willkürlich bedienen: je ungehobelter, je großartiger. Nebenher zeigt man auch, daß man seine Studien als Klopffechter gemacht habe, greift pikanterweise, mit Stecknadeln, die Heroen der vaterländischen Litteratur an, und fertig ist das Meisterwerk des nagelneuen Genies. … Nun ist man Mitarbeiter mehrerer Zeitschriften, und da schickt man denn nach allen Seiten Ankündigungen, Kritiken, Rekommandationen des eigenen Werks und lobt und preiset und erhebt es ohne alle Verschämtheit. Treten nun zwei solcher Schriftner in Kompagnie und lobhudeln sich gegenseitig, so geht die Sache noch leichter von statten. … Man lese im Leipziger Litterarischen Konversationsblatt Nr. 292, 1825, wie dort der ‚Satan‘ gelobhudelt wird und zwar vom ‚Popanz‘, und wie dagegen der ‚Satan‘ im Litteraturblatt des Morgenblattes Nr. 100 den ‚Popanz‘ lobhudelt.[1]

*—*“  

Auf diese ungerechte Beschuldigung niedriger Anschmeichelei erwidert nun Hauff seinerseits bitter aufgebracht in Nr. 15 desselben Blattes am 26. April 1826 dem frechen Verleumder folgendes:

[181]

„Antwort auf die Frage: Wie wird jetzt in Deutschland etc.“
Stuttgart, den 3. April 1826.  

„Wie man in jetziger Zeit die Kritik treibt, möchte beinah noch wunderbarer scheinen als die Kunst, sich einen litterarischen Namen zu fabrizieren. Man erfindet irgend eine derbe Unwahrheit, je lächerlicher, desto besser, schiebt sie als Thatsache einem, dem man schaden möchte, unter und läßt sie in öffentlichen Blättern drucken – natürlich ohne Unterschrift des Namens. – In diese Kategorie gehört die Nachricht: ‚Wie wird jetzt in Deutschland etc.‘, von Stuttgart datiert, mit *—* unterzeichnet, in der Beilage Nr. 10 zum Blatte 46 des ‚Gesellschafters‘. Der Unterzeichnete glaubt als Herausgeber der ‚Memoiren des Satan‘ einen Teil dieser Epistel auf sich ziehen zu müssen und gibt auf diesem Wege den Lesern des ‚Gesellschafters‘ die Nachricht, daß sie einer Unwahrheit ihr Ohr geschenkt haben. Die Rezension in Nr. 100 des Litteratur-Blattes, auf welche sich Herr *—* bezieht, ist weder von mir verfaßt, noch eingesandt worden. Ich überlasse es diesem Blatte wie auch dem Litterarischen Konversationsblatte, sich über diese neue Erfindung näher auszusprechen, und erkläre hiermit, daß ich es, bevor mir ‚Herr *—* in Stuttgart‘ zu Gesicht kam, nie mit einem Popanz zu thun hatte. Ist er übrigens ein Mann von Ehre, so wird er in diesem Blatte seinen Namen nennen und nachweisen, wie und wodurch er zu dieser Unwahrheit veranlaßt worden sei.

Dr. Wilhelm Hauff.“  

Nach diesem unliebsamen Begegnisse hatte unser Dichter die Freude, am 29. April 1826 nochmals eine überaus lobende Kritik seiner „Memoiren des Satan“ in Nr. 100 des „Litterarischen Konversationsblattes“ zu lesen und dadurch das ihm angethane Unrecht um so schneller zu vergessen.

„Auch der ungenannte Verfasser der vorliegenden Memoiren“, schreibt der Mitarbeiter Nr. 74, „tritt in diese [E. T. A. Hoffmanns] Fußstapfen und zwar mit einem sehr glücklichen Talent ausgerüstet. Er und sein Satan geben Proben reger Einbildungskraft; von einer leichten Darstellungsgabe, von vielem Geschick in Auffassung und Herausstellung alles Nichtigen und Eiteln im geselligen Leben; endlich von einem fließenden und natürlichen Stil, den wir ihm und dem Argen um so höher anrechnen, je mehr der letztere es seit Dezennien darauf angelegt zu haben scheint, die Federn der schreibenden Legionen Deutschlands irre zu führen. Die Erzählung der Hasentrefferschen Narrheit halten wir, den allzu Hoffmannschen Ausgang, der grausig


  1. Daselbst findet sich eine Besprechung der „Almanachs-Litteratur für 1826“, und zwar zuerst des Taschenbuches „Moosrosen, herausgegeben von Wolfg. Menzel“. In diesem Taschenbuch ist auch Menzels Lustspiel „Der Popanz“ abgedruckt und von dem ungenannten Kritiker allerdings in überschwenglicher Weise gelobt.
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 180–181. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_2_092.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)