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Der Schmaus.

Schnurstracks von der Kirche ging es hinaus nach Blauenstein. Eine ganze Karawane von Wagen und Reitern zog dem wohlbekannten Landau, in welchem die neugebackenen Eheleute saßen, nach. Der Hofrat war vorangeeilt, um alles zu leiten. Sechs Böller riefen ihnen ihre Freudengrüße entgegen, als sie in die Grenze ihres Eigentumes einfuhren. Ein donnerschlagähnliches Wirbeln von Pauken und Trompeten empfing sie am Portal des schönen Schlosses, und als alle Wagen aufgefahren waren, als Emil sein Weibchen auf den Balkon herausführte, um die herrliche Gegend zu übersehen, da gab der Hofrat das Zeichen, und ein schrankenloses Vivat, Hurra und Hallo erfüllte die Luft.

Paar und Paar zog man jetzt durch das Schloß, um alles in Augenschein zu nehmen. Es wandelte die Gäste beinahe ein Grauen an vor dem Hexenmeister, dem alten Martiniz. Das Schloß – es war zwar niedlich, geschmackvoll, bequem gebaut, lag wunderschön und hatte Gärten und Felder, wie man sie selten sah, aber vor vierzehn Tagen war dies alles noch leer gestanden, Tapeten waren abgerissen, herabgehangen, im Saal war Haber[WS 1] aufgeschüttet gewesen, kurz, man hatte gesehen, daß es eine gute Weile nicht bewohnt war, und mancher Käufer hätte nicht geglaubt, innerhalb eines halben Jahres mit der Restauration fertig werden zu können. Und jetzt – die behaglichste Eleganz, die man sich denken konnte; diese Trümeaus, ein Gardist mit sieben Fuß hätte sich, und hätte er noch einen ellenlangen Federbusch auf dem Hut gehabt, perfekt am ganzen Leib von der Zehenspitze bis zum äußersten Federchen darin sehen können. Diese breitarmigen Lüsters, diese Kristalllampen, diese geschmackvollen Sofas, Theetische, Toiletten, Etageren, diese Pracht von Porzellain, Beinglas, Kristall, Silber an Servicen, Leuchtern, Vasen, an allem, was nur die feinste Modedame sich wünschen kann, gar nichts war vergessen! Die Freilinger wandelten wie in einem Feenpalast umher, und die Mädchen und die Frauen; Ida wandelte zwar wie eine Königin in dieser Herrlichkeit, als hätte sie von Jugend auf [215] darin gelebt, aber man hörte doch so manches Sprüchlein vom blinden Glück und Zufall, die einen im Schlafe heimsuchen.

Jetzt riefen die Trompeten zur Tafel, und da war es, wo Hofrat Berner seine Lorbeer erntete. Die neue Dienerschaft des jungen, gräflichen Paares hatte er schon so instruiert, daß alles wie am Schnürchen ging, und zwar alles auf dem höchsten Fuß, denn wenn einer der Gäste nur vom silbernen Teller ein wenig aufsah, der mit seinem Nachbar konversierte, husch! war der Teller gewechselt, und eine neue Speise dampfte ihm entgegen. Aber auch in der Küche hatte er gewaltet, und es hätte wenig gefehlt, so hätte er aus lauterem Eifer, alles recht delikat zu machen, sich selbst zu einem Ragout oder Haschee verarbeiten oder zu einer Gallerte einsieden, wenn nicht gar mit einiger Zuthat von Zucker zu einer Marmelade oder Gelee einkochen lassen. Auch ihn hielten die Damen für einen zweiten Oberon, der eine ewige reichbesetzte Tafel aus dem Boden zaubern kann. Denn solche Speisen zu dieser Jahreszeit, und alles so fein und delikat gekocht.

Da war:

Suppe à la Tortue.

Coulissuppe[1] von Fasanen mit Reis.


Hors d’œuvres.

Pastetchen mit Salpicum[2] von Brießlen.

Kabliau mit Kartoffeln und Sauce hollandaise.

*  *  *

Rindfleisch au naturel.

Englischer Braten mit Sauce espagnole.


Gemüse.

Spargeln mit Sauce Bœur.

Grüne Erbsen mit Brießlen grillés.

Entrées.

Junge Hühner mit Sauces aux fines herbes.

Financière von Brießlen und Klöß.

Schinken à la Malliote garni des Atelles, Sauce Malaga.

Feldhühner en Salmi.

Kalbskopf à la Tortue.

Fricandeau à la Provençale.


Braten.

Kalbsschlegel.

Rehbraten.

Feldhühnerbraten.

Kapaunenbraten.

Welschen à la Perigord.


  1. D. h. durchgeseihte Kraftbrühe.
  2. Ein feines Ragout, das zum Füllen kleiner Pasteten verwendet wird.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Hafer (vgl. Grimm).
Empfohlene Zitierweise:
Wilhelm Hauff: W. Hauffs Werke. Bibliographisches Institut, Leipzig, Wien 1891–1909, Seite 214–215. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Wilhelm_Hauff_Bd_3_110.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)