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herrn gewest, und wiewol er der armen frawen beger wol gehört, so hat er doch den Uolen gefragt, was sie beger. Er hat gesagt: «Gnediger herr, sie beclagt sich ir armut und begert zwai malter korn.» Gleich herr Gottfridt

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gesagt; «Botz mag! haiß ir vier malter korn geben! ich mag irer rüefen nit mehr zuhören.» In kürze darnach ist ain fürnemer junger mann zu [im][1] geen Seedorf gescheften halb kommen, und als derselbig sich bei ime anzaigen lassen, hat er seine voreltern wol

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gekennt und zu ime gesprochen: «Botz mag! ich kenn dich nit, dein vatter und äni hab ich gar wol gekennt, der und der gestalt; insonderhait hastu ain eltere schwester gehabt, war ain fromme fraw und aber ain genge huer, als sie ungevärlich uf dem ganzen Schwarzwaldt war-» Der guet

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mann erschrack und name doch dise wort zu keiner injuri oder schmach uf, dann er menigclichen bekant war, und wust, das er niemandts zu schmehen oder auch sonst übel zu reden begerte. * [1193] Ain jhar ungefärlich, nachdem und der alt herr

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Johanns Wernher freiherr zu Zimbern mit todt vergangen, nemlich anno 1442, wolten die von Horb ain fassnacht mit iren herrn und nachpurn, auch denen umbgesessnen vom adel halten, darauf sie allenthalben mit wiltprett und ander gueten bissen von vischen und flaisch sich bewarben und

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gefasst machten. Begab sich, das acht tag vor der vasnacht ain großer, mechtiger haupthirsch ohne alles geverdt geen Horb in den Necker kam. Er war nit erjagt, so kam auch kain hundt mit im. Der hirsch wolt als in die statt. So liefen die leut haufenweis zu mit spießen und mit andern

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waffen; sie jagten den hirsch auß dem Necker ohne alle hundt, iezo hin, dann her. Das triben sie so lang, daz in zu letzst ain burger stach. Es verwundert sich menigclich ab disem hirsch von wegen seiner überschwengklichen größe und des schweren gehürns, das von 24 enden war. Es het

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schauflen so breit als ain handt, das es sich aim rengehürn[2] vergleichet. Alle die, so den hürsch, auch das gehürn sachen und sich uf solliche ding verstanden, vermainten, er were nit ußer unsern landen, sonder were außer Frankreich kommen. Zu solchem hirsch wurden uf die fasnacht

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geladen herr Hainrich freiherr von Stoffeln, hauptman der


  1. im] ergänzt.
  2. rengehürn] hs. ehengehurn. (elengehürn?)
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 130. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_130.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)