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stechen und würst machen; sprach der ein zu seim brueder: «Lieber, leg dich nider, ich will dich auch stechen und wurst aus dir machen, wie unser vatter thuet.» Der ander antwurt: «Ja, wen du mir nit welltest wee thuen.« Und

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als im das vom brueder versprochen, da legt er sich nider. Der ander facht an und sticht; do ist der jung auch nit unbehendt, zuckt ain brottmesser und schneidt dem andern die gurgel ab, das sie gleich baide uf der stett bleiben. Die muetter, die auch ain jungs kindt, ein kneblin, badet, die

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lauft dem geschrai zu, befindt den jammer und baide knaben in zügen ligen, eilt wider zum jungen kind, das war schon auch ertrunken. Do fallt sie in solliche verzweiflung, das sie an ain girtel[1] sich erhenkt. Der man kompt gleich hernach ins haus, rueft der frawen, sie der ursachen des großen

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unfals zu befragen, sucht sie damit allenthalben im haus und findt die nach langem erhenkt und todt. Darab nimpt er ain sollichen kommer, das er in ainer onmacht niderfelt und vor laidt stirbt. Das alles bleibt biß an dritten tag verschwigen, dann das haus beschlossen, iedoch wardt von

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den nachpurn, so tags, so nachts, ein große ungestime im haus gehört. Wie das der freundtschaft fürkompt, brechen sie ins haus und finden den jammer. Das verkündten sie dem bischof. Der verordnet, in der sach fleißige nachforschung zu haben, und bewilliget darneben, so etwar were,

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der dieser verloffner sachen übelthätter und stifter gründlichen konte offenbaren, dem wellte er die böst pfrondt, so selbiger zeit ledig, sein lebenlang übergeben. Wie das der messner in selbigem flecken vernimpt, berueft er den bösen gaist zu sich. Der erscheint im und macht ain pact

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mit ime, so er ime die thatt eröffnen und zu der pfrundt helfen werde, so well er mit leib und seel sich im ergeben. Der bös gaist versprücht im das, befilcht im darauf, er soll unverzogenlich zu der obrigkait geen, so wen er im beistendig sein und einsprechen, was er reden solle. Das thuet

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der messner, und wiewol er vorhin gar wenig kont, so erzellt er doch den handel offenlich durch nachvolgende carmina:

Fervex et pueri, pueri, puer unus, nupta, maritus
Cultello, nimpha, fune dolore cadunt. *
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In bemeltem jhar 1508, wie dem Hailpronner, wie ob-


  1. girtel] hs. grittel.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_176.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)