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singulares intellectus[1] in die kaiserliche recht zu dichten, sonder ließ alle ding ain guete sach sein und sich der alten traditionen und inventa benüegen. Einsmals kam ain bös, alt, geschwetzig weib zu im, die het villeucht auch ain

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krommen, faulen handel am hofgericht. Dieselbig bericht den doctorem irer sachen mit hochem pit und verhaißen, wa er ir den handel wol außrichten, welte sie im ain ehrliche verehrung thuen. Als nun der doctor ires erachtens genugsam informirt, gieng er ans hofgericht, das alt weib,

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sampt andern partheien mehr volgten im nach. Wie aber der standt an den doctor kam, wiewol er mehr partheien hette, an denen auch villeucht mehr, dan an dem alten weib, wer gelegen gewesen, iedoch so standt das alt weib gerad hünder im und war ganz unrüebig ußerhalb denen

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schranken, rupft den gueten doctor stettigs beim rock, iren handel am ersten fürzubringen, das er durch söllichs importun anhalten ir wilfaren mueste. Wann er dann in der narration facti etwas, so der frawen gefiele, wol herfür striche, so wank sie mit dem haupt und sprach: »Da faren einher,

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herr procuratus!« Dess mocht man nun wol lachen. So dann der doctor etwas leis einher wolte in repliken und gegenberichten, war das weib ganz unrüebig und lag dem gueten doctor stetts in oren, er konte ir nit genug reden. Wann er dann wider fahen reden, so zupft sie in abermals

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und gab im noch mehr berichts, macht damit den gueten man so irrig, das er herr Johannsen Wernhern, so domals das hofgericht besas, anreden wolte, mit bit, ime friden vor dem alten weib zu schaffen, das er sprücht: »Wolgeborne, gnedige fraw!« Dess wardt er von iederman verlacht,

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derhalben der doctor übel geschampt, sich entschuldigen wolt, sprücht in der gehe und unferdacht: »Gnediger herr, das alt weib geheit mich dahünden.« Und wiewol er noch mehr verlacht, iedoch wardt er darnach von urthelsprechern ermelts hofgerichts umb etliche gülden gestrafft, und ward

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hierauß ain sollichs gespai über in, das er in etlicher zeit hernach sein procuratur ufgab und sich von Rotweil geen Tibingen thette. Alda hat er darnach etliche jar in gueten rueben gelept und ward der alten weiben geschwätz daselbs vertragen.

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* [1464] Kurzlich darnach begab sich noch ain guter


  1. intellectus] hs. intellectes.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 366. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_366.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)