Seite:De Zimmerische Chronik 2 397.jpg

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sondere affection und liebe zu der jungen fürstin zu Nürtingen, ehe dann sie marggraf Ernsten wardt vermehelt. Aber es lüfen andere bedenken in der sachen umb, das man im sie nit geben wolt, sonder der marggraf muest sie

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haben. So het herzog Ulrich selbs den heirat mit herzog Hainrichen auch gern gesehen, aber er megt es nit erhalten, es muest den weg haben, und, wie man sagt, so würd der heirat mit herzog Hainrichen an der jungen fürstin auch nit erwunden haben. Ußer disem allem ervolgt vil gespais und

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allerlai reden. Es warde marggraf Ernst nur der schneiderknecht genannt, die herzogen baidt machten lieder, sprüch und anders alles in verachtung und, wie die Walhen sprechen, in despetto des marggrafen Ernsten. Was reputation und liebe das alles bei der marggrefin von Brandenburg

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gegen irem herrn gemahel kunte gepären, das ist leuchtlich zu bedenken. So kunt die alt herzogin zu Nürtingen auch nit alles, was krum, geradt machen [512] oder erhalten. Es kam uf ain zeit bemelter marggraf Ernst geen Stutgarten zu herzog Ulrichen, gleichwol er sich von der compania,

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die er wol wiste ime zuwider sein, sovil im müglich, absentirte. Die selbig gesellschaft aber saßen uf ein zeit bei ainandern im dampf, darunder auch baid herzogen. Man bracht die rede uf die ban von dem marggrafen; do wardt beim wein uf der taffel zusamen gestupft und beschlossen,

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das sie jaghundt sein und den schneiderknecht von Baden fahen und fressen wolten. Indess geht herr Gotfridt Wernher von Zimbern, der auch bei der compania, zum gemach hinauß; so ersicht er den marggraf Ernsten ohne geferdt gegen ime geen, sprücht herr Gotfridt Wernher: »Herr, hept

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euch geschwindt und macht euch hinwegk!« Der marggraf sprücht: »Botz flam (also war sein schwuer)! was ists?« Antwurt herr Gotfridt Wernher: »Flux hinweg!« Indess so gat oben der bill an, die herzogen sampt der vollen rot lüffen zum gemach herauß und schrieen: »Wo ist der

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schneiderknecht?« Allererst märkt der guet marggraf, was die kreiden, und ohne lengers parlamentiern packet er sich geschwindt die stegen hinab in sein gewarsame, biß den vollen, dollen leuten die furia vergangen. Und ist kein zweifel zu haben, waver sie den marggrafen antrofen, oder

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wissens gehapt, das der von herr Gotfridt Wernhern were gewarnet worden, sie hetten also in voller weis aim itwedern ein grose schmach gelegt, wie dann kurzlich davor auch


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band II. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_2_397.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)