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gethon, ob iemands wüste, wo ir sun sei, doch letstlich ainen antrofen, welcher gesagt: »Es ist alhie ain rossbueb, der tregt ain klaid an aller form und gestalt nach, wie ewer sun, denselben mueß man fragen.« Hierauf die eltern

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erkundigung gethon, und als sie die klaidung erkant, haben sie zur stund zum knaben greifen lasen. Der hat die that, wie oben gemelt, frei und ungezwungen bekannt. Dieweil er aber noch jung und unverstendig, hat ein gemeiner rath zu Speir etlicher doctorn des kaiserlichen cammergerichts

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consilia hüerüber begert, welche einhelligclich beschlossen, dieweil der knab also lüstig gewesen, das er nach der begangnen that den cörpel auch verborgen und [644] die missethat zu verhelingen begert, so soll er unbetagt seiner jugendt mit dem wasser getödt werden. Hierauf ain

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gemeiner rath in ain bedenken gezogen, dieweil, so oft sie iemandt lasen richten, ein ansehenlicher costen uflauf, dann nit allain die gemein burgerschaft, sonder auch alle andere umbsitzende flecken, so mit inen zentbar seind (wie auch im landt zu Franken breuchlich), in harnisch und gewerter

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handt samenthaft uf der walstatt erschinen mueß, auch der arm knab klein und unachtbar, sei onnot, ein solchen vergebenlichen uncosten ufzuwenden, und haben letstlich in rath gefunden und beschlossen, das ire zwen, die obristen richter, allain mit dem nachrichter, auch etlichen scherchen,

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die künftig nacht zwischen 9 und 10 uhrn den knaben uf die brugken fieren, die thor beschliesen und den ertrenken sollen. Das ist also exequirt worden. Do nun der arm knab ein guete zeit in dem wasser gelegen, das die richter und menigclich vermuetet, er sei nunmer längst verscheiden,

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ist er widerumb heraufgezogen und ufgebunden, und haben die richter erkennt, es sei, wie urthel und recht gegeben, gehandlt worden. In dem aber, als man den vermainten todten in den todenbaum gelegt, hat er richlen und sich zu bewegen angefangen. Do haben die richter bevolchen, man

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soll ine nochmals ins wasser hinab werfen und wol erküelen lassen. Wie nun das auch beschehen und ain lange weil mit ime under dem wasser verzogen, haben sie under ainandern gesagt: »Nun ist es nit müglich, das ain mentsch natürlich under dem wasser also lang könde leben,« ziehent

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ine herfür, »wir sehen, das er todt ist,« tragent ine hinein in das gewonlich todtenheusle, lassent ine also in dem todtenbaum ligen, uf das er morgens bei früeer tagzeit be-

Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 13. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_013.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)