Seite:De Zimmerische Chronik 3 266.jpg

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Derhalben pot er im seiner leiplichen schwester, der künigin von Navarra, ainige dochter an, mit vil grosen zusagungen, gleichwol man domals offenlichen sagt, es neme die jünger künigin, die den herzogen abkonterfect gesehen, nit gern

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und müeste durch seltzame mitel darzu beredt und persuadiert werden. Auch war sie domals über zwelf jar nit alt und ires leibs disposition halb noch ain kindt, gleichwol man gemeinlich sagt, das die boshait und arglistigkait vilmals auch das alter übertrefe. So weren ir vatter und

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muetter diß heirats auch gern übergewest und hetten die dochter lieber eim Franzosen, dann einem ußlender, geben, dann inen die deutschen mores nit gefallen wolten, waren des hofprachts und verderpten, keinnutzigen sitten gewonet. Der könig, ir vatter, war, wie man sagt, nit der scherpfesten

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einer im verstandt, alle sachen waren dem weib, des königs schwester, entpfolhen, dann er sich keiner gescheften beluedt, dann allain des waidwerks und der hochflüegenden vögel, mit denen er ain solche kurzweil, das ich in oft im feldt sehen rennen, so unfürsichtlichen, das mich wunder

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genommen, das er nit tausent hels abgefallen ist. Aber es geriet im also, und war gleichwol an ime auch nit sonders hoch gelegen. Er truege den namen des königs von Navarra, aber das landt war der cron Hispania inverleibt, wie es noch ist. Aber sein weib, des künigs schwester, war

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ain verstendig weib, gelert, wolberedt und belesen, die auch den gelertesten in faculteten, wo von netten, kont fürschneiden und zu schaffen geben, auch vom brueder zu den aller gehaimesten räthen warde berüeft und befragt. Allain verdarpt sie alle sachen mit dem glauben; deren

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newerungen name sie sich, gleichwol irem brueder, dem könig, zu grosem verdruß, höchlich an, welches dann ein ursach, das ir von den mechtigisten pfaffen in Frankreich grose instantiae widerfuren. Aber der brüederlich will des künigs und dann das sie in ander weg sich ufrecht und

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getrew erzaigt, stieß alles widerwertigs von dannen, das sie imerdar in hocher achtung war zu hof. Sie het ire haimliche predicanten, auch erhielt sie den Clement Marot[1], ein geschwinden kerle und französischen poeten, war aber dar-


  1. Clement Marot] der bekannte französische schriftsteller; über dessen werke s. Brunet, Manuel du libraire III (1862), s. 1446-1465; vgl. ferner Morlet, Henry, Clement Marot and other Studies. I. II. London 1871; Colletet, G., Notices biographiques sur les trois Marot. Paris 1871. WS: siehe auch Artikel in der Wikipedia
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 266. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_266.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)