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er nit sehen. In seiner krankhait kam sein elterer brueder, grave Johann Wernher, zu im und wolt ine haimsuchen. Der fragt sein kranken brueder under anderm, wie ferr er doch noch sehen künte, sprücht der: »Ungefärlich uf

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zwainzig oder dreißig schuch«, damit zaigt er im ein kölheusle in der stuben, so ver erstreckt sich das gesicht. So sprücht graf Johann Wernher: »Ach, mein brueder, so steen deine sachen, Got lob! noch wol, seitmals du so weit sehen kanst; dann so du ein solche weite sichst, so nimpst darnach aber

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so vil wegs für dich, und in solcher gestalt magst biß geen Rom kommen und gesichts genug darzu haben.« Es lachten mertails zuhörer und umbstender dieses raths, gleichwol verborgenlich, aber graf Gotfridt Wernher nam diesen rath zu grosem verdruß an, wiewol er nit dergleichen thette oder

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sich merken ließ. Gleichwol diese redt hernach weit erschollen ist, dann solchs herzog Ulrich von Würtemberg ob der taffel ist erzelt worden. Hernach ist es in Sachsen ob des churfürsten disch und an andern orten mehr vermeldet worden und ist vil darvon gesagt worden. Also hat doctor

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Jörg Han vil fleis und müeh mit graf Gotfriden Wernhern gehapt und im seins gesichts halb zimlichen wol wider ufgeholfen. Aber im warde vom doctor gerathen, das er allen zorn und traurigkait solt fallen Iasen und die gescheft allerdings, sovil müglich, verlasen. Das konte aber der alt herr

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nit thon, war im unmüglich zu halten. Ich hab oftermals gesehen, das doctor Jörg zu im kommen und im gerathen, seiner fantaseien sich zu entschlagen. Das verhieß im der alt herr bei handt gegebner trew, er welts thuen, wir alle wusten aber wol, das ers nit halten kunte. So baldt der

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doctor den ruggen, wie man sprücht, verkart, mocht der jungen einer leucht ein helzlin nit recht oder nach seim gefallen vom boden ufheben, so war er im harnasch und fieng ain handel an, als ob es ein ganz dorf het antroffen. Doctor Jörg het im ein costliche latwerge von goldtperlen und edlem

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gestain lasen zurichten, daran nun nichs gespart warde, die solt in frölich machen; aber ich glaub, so er die ganz apotek ußgessen, es het bei im nit geholfen, ein solliche ursach het es dann zumal. Das gesündt vermaint ie, der doctor solt den zorn und seltzame weis von ime purgieren. Er

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het stettigs umb sich sein jungen vettern, ain scherer oder barbierer, genannt Jacob Maienbron, von dem hieoben mehrmals gesagt, auch sonst ein diener, genannt Hanns Würt,


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 409. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_409.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)