Seite:De Zimmerische Chronik 3 572.jpg

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beschach eben uf den abent des tags, als der römisch könig ain schalksnarren an den hals geschlagen, darvon hernach gesagt wurt. Nun besorgt graf Wilhelm Wernher, seitmals der churfürst gar starke Reinwein, die auch ohne betauren

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sich trinken liesen, er würde darvon deckeln und, wie der alt poet[1] sprücht: »Facundi calices quem non fecere disertum?« das er nur zu vil redtsprech darvon megte werden. Derhalben und zuvor sie zu disch saßen, underredt er sich mit dem vicecanzler, so er paulo largius trinken warde und

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anfahen schwetzen, das er im ain zeichen geben oder in stupfen welte zu ainer warnung. Das verhieß im der canzler. Wie man zu disch saß, do war ain grose stille und gieng nur gar züchtig zu. Aber do das becherle mit den gueten weinen, dess sich gleichwol der graf versehen gehapt,

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etlichemal dem deutschen gebrauch nach umbher gieng, do het es auch die mainung, wie man im alten sprüchwort sagt: »Et loquebantur variis linguis,«[2] id est, es sagt ein ieder sein mainung, und der graf, so vormals ganz still war gewesen, der fieng an mit den andern canorus und lautbrecht zu

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reden. Der canzler sas darneben, half zu dem allem, wie dann die hofkatzen solchs im geprauch, lechlet darzu, und gefiel im alles wol. Wie nun das gesprech ain guete weil geweret und aber der graf sein thail, wo nit genug, doch der notturft nach geredt, do gab im der Jonas das zaichen.

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Allererst fieng der graf an zu merken, das in der vicecanzler mit fleis und zu einer bossheit het lasen mit der sprach fürfaren, derhalben kont er auch lenger nit inhalten, verwiss im sein lang stillschweigen und das [er][3] wider iren pot het gehandlt. Also zaigt der vicecanzler den churfürsten allen

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urhab des missverstands an und was sie zusamen des trunks und gesprechs halb sich versprochen, indem er doch zu vil seumig wer gewesen. Dess mogt der churfürst wol lachen und het darab ein besonder wolgefallen. Wie nun menigclich vom nachtmal abschidt, do giengen der graf und der

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vicecanzler mit ainandern darvon. Nun het aber der vicecanzler seiner diener ain beschaiden mit dem windtliecht, der solt insonderhait ufwarten. Dem kam derselbig wol nach und het sonderlich wol achtung uf den gueten reinischen wein. Er wardt so vol, als die herrn darvon wolten,


  1. poet] s. Horatius, Epistolarum I, 5, 19.
  2. Et loquebantur variis linguis] Apostelgeschichte II, 4.
  3. er] fehlt in der hs.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band III. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1881, Seite 572. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_3_572.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)