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gnedigclichen verzeihen! Aber das ich von graf Gotfriden Christoffen widerumb sag, so hat er mermals den gaist im haus iz an dem, dann an einem andern ort gefunden.

Dergleichen sachen haben sich nit allain bei unsern

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zeiten begeben, sonder auch vor 270 jaren, anno 1288, ist herr Berchtoldt von Staufen einsmals geen Basel zu seiner schwestern einer, die hat vorhin ein vom adel, ein Scheler, gehapt, gewandlt und sie haimgesucht, sonderlichen dieweil sie domals in witwenstandt gewest und ir junker bei aim

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jar gestorben. Eins abendts, wie er im haus allain umbher spaziert und in seiner cammer zu einem secret gangen, wie er das thürlin ufgethon, hat er sein schwager, den Scheler, in aller gestalt, als ob er noch gelept, darauf sitzen befonden, den er gleichwol gekennt und forder übel erschrocken.

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Derselbig aber ist sitzen bliben und anfahen mit im reden, sprechendt: »Lieber schwager, bleiben und flüehen mich nit, dann euch nichs args von mir soll widerfaren! aber das weib, das hünder euch stet, darfür möcht ir euch wol fürsehen, dann sie euch nit wenig nachtails, sover sie anders

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kan, zuzufüegen begert«. Herr Berchtoldt wardt ganz erschrocken ab dieser rede, gab kein antwurt, schlueg das thürle wider zue und wolt sich eilendts user der cammer darvon packen. Wie er sich aber umbkert und zu der cammerthür hinauß will, so ersicht er ein groß, lang,

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ungeschaffen weib, übel beklaidt; die ergreift ine und understet sich, ine zu halten und zu würgen. Der guet herr war angstig, bezaichnet sich mit dem zaichen des hailigen creizes und iebte sich so vast, das er sich zu letst von ir arbaitet und darvon kam. Sein schwester kam gleich darnach zu

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im; die het ine gesucht, befindt ine so blaich und übel gestalt, daz sie ine kaum erkennen kont. Es verschwal im noch dieselbig nacht das angesicht, das er sich erblindens verwegen, wardt auch darneben so krank, das er sich zu bet legt und in langer zeit nit wider erholen kundt. Und

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fürwar, so findt man noch solch ungehewr wesen hin und wider, sonderlich aber ist es in den domherrnheuser zu Costanz nit seltzam oder ungewon; dann als herr Albrecht von Landenberg, ein gar alter [1051] domherr, anno 15..[1]


  1. 15 ..] ein domherr Adalbreht von Landenberg wird, mit den jahren 1532 und 1559, erwähnt von Eiselein, Geschichte und Beschreibung der Stadt Konstanz s. 254.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 86. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_086.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)