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recht spielen ließ, weil sie gar zu prächtig waren. Ja, es wollte Dorothee sogar scheinen, als müsse solch eine Überfülle von Glanz und Schönheit beinahe ein bißchen sündhaft sein. Sie hätte dieses undeutliche Empfinden wahrscheinlich nicht laut in Worte zu fassen vermocht – es war nur, als mahne so in ihrem Innern eine leise Stimme, die aus weiten Fernen zu kommen schien. Denn in dieser Nachkommin jener harten, alten Geschlechter, die vor Jahrhunderten mit den Deutschordensrittern in das wilde Land gekommen waren, und sich hier unter Mühsal und Entbehrungen ihre Lebensbedingungen erkämpft hatten, in ihr mußte wohl, ohne daß sie sich dessen recht bewußt gewesen, ein kleiner Zug von Strenge und puritanischer Selbstzucht liegen. Aber dabei stammte Dorothee doch auch von jenem anderen, ganz verschieden gearteten Ahnherrn ab, der die Wandgemälde des Märchensaales in erinnernder Sehnsucht nach dem sonnigen Süden, einst hatte ausführen lassen, und durch ein in ihren Adern rollendes Tröpfchen seines Blutes kam es wohl, daß die geheimnisvolle Welt des Märchensaales sie doch mit tausend Lockungen rief und anzog. Immer aber blieb sie ihr im Gegensatz zum ganzen übrigen Burkahnen ein klein wenig unheimlich und fremd.

Alles andere dort war ihr eigen, war eigentlich sie selbst. Es würde ihr ja auch alles einstmals gehören. Niemand hatte ihr das gesagt, und doch wußte sie es schon als Kind, ganz von selbst. Ja, leben und in Burkahnen sein war im Grunde ein und dasselbe.

Und bis zu ihrem achtzehnten Jahre blieb sie auch,

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Elisabeth von Heyking: Zwei Erzählungen. Philipp Reclam jun., Leipzig [1918], Seite 76. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Erz%C3%A4hlungen_Heyking_Elisabeth_von.djvu/78&oldid=- (Version vom 31.7.2018)