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Nachtluft wehte den faltigen Muslinvorhang hin und her. Am Toilettenspiegel war ein einziges Licht angezündet. Das war Alles so unruhig, so konfus, zerstört und ungehörig.

„Lieber Doctor! welch eine fürchterliche Sache ist eine Niederkunft! sprach Eustach ganz betäubt und trocknete seine Stirn. Auf meine Ehre, ich gehe lieber in zehn Schlachten als das Einmal auszuhalten! Diable! diable!“

„Die Schlacht ist Ihre Sache, Herr Graf, und die Niederkunft Sache der Frauen, antwortete der Hausarzt mit der unendlichen Gelassenheit, welche die Gewohnheit am Krankenbette als Beobachter zu stehen verleiht. Jeder erfüllt dadurch die Naturbestimmung seines Geschlechts.“

„Dann muß man gestehen, daß dem schwachen Geschlecht die schwerste Bestimmung zu Theil geworden ist.“

„In meinen Augen ists immer ein Mißbrauch oder vielleicht ein Mißverständniß, die Frauen das schwache Geschlecht zu nennen, Herr Graf. Fein, zierlich, behende - ja! aber Gazelle und Reh sind das auch und machen eine ganze nachsetzende Jagd müde. Es ist ihre Idee der Männer die Frauen schwach zu nennen, und ich erkläre sie dadurch, daß sie ihnen häufig eine bequeme oder entschuldigende

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Erster Band. Berlin 1845, Seite 104. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn).djvu/108&oldid=- (Version vom 31.7.2018)