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so ganz lebte er sich mit Eustach und Cornelie ein. Diese war wenig sichtbar, doch grade weil es nur ein Paar Stunden täglich geschah, so war Gotthard in einer beständigen kleinen Spannung von Freude und Hofnung, und wenn er gegen Abend in ihr Zimmer trat, so überkam ihn ein heimlich süßes Gefühl von Glück. Cornelie war stets gleicher Laune, lebhaft, gesprächig, theilnehmend, wenn ein Ton angeschlagen wurde, der bei ihr Anklang fand, freundlich zuhörend wenn sich das Gespräch um Oberflächlichkeit oder Gleichgültigkeiten drehte. An ihr leidendes Aussehen hatte Gotthard sich allmälig gewöhnt, und daß sich ein schwerer Ernst zuweilen so gebieterisch in ihrem Ausdruck und ihren Ansichten kund gab, brachte er auf Rechnung ihres Zustandes. Er bemerkte wol die formelle Kälte welche zwischen dem Ehepaar waltete, doch er war zu sehr an die Ehen gewöhnt wie sie in Masse sind, um etwas Andres dabei zu denken als daß diese ebenso geworden sei. Und mit dieser Frau! – das dachte er denn doch zuweilen hinzu; – ein Weib wie der Himmel es gewollt hat! ein Weib wie kein Mann es edler, holder und besser träumen kann! und was ist sie ihm? wenn sie ihm nur einen Sohn bringt, so möge sie immerhin im Kindbett sterben; er wird ein Jahr um sie Trauer tragen und sich

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/059&oldid=- (Version vom 31.7.2018)