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Einen an den sie sich in wichtigen Entscheidungen, bei ernsten Lebensfragen, in Muthlosigkeit oder Ungewißheit um Rath, Trost oder Zusprache wenden konnte! nicht Einen der ihr Leid, ihre Freuden, ihre Sorgen, ihre Hofnungen sich zu Herzen nahm, die seinen mit ihr theilte und so das Einzelleben zu einem Doppelleben erhöhte. Zuweilen war ihr zu Sinn als habe sie sich nie so unglücklich gefühlt; denn in jener Schreckenszeit die auf das Erwachen aus ihrem Liebestraum folgte, hatte immer der Gedanke einen starken Entschluß fassen und durchführen zu müssen ihr eine innere Erhebung über alle Trostlosigkeit gegeben und sie zu dem Schwertstreich der Entscheidung beseelt, während jezt die Nähnadelarbeit der Ausführung ihr bei Weitem mühseliger, erschöpfender und anstrengender vorlag. Die Einsamkeit war ihr lästig, weil sie das Gewühl ihrer eigenen aufgeregten Gedanken floh, die sich stets um die Vergangenheit drehten, so daß ihre Seele zu schmelzen drohte bei Erinnerungen an unwiederbringlich entflohenes Glück, an den Zauber der Liebe, an die Wonne der Gemeinsamkeit, an die ganze freudig stolze Richtung ihrer Existenz, die jezt so zerbröckelt, so dürftig, so arm war, daß

ihr vor den kommenden Jahren graute, die sich unübersehbar vor ihr ausbreiteten und sie immer in derselben Oede ließen.

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/146&oldid=- (Version vom 31.7.2018)