Seite:Denkwürdige Männer. Für Straßennamen in der Kölner Neustadt - 2.jpg

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(hoisch = höfisch), scheint auch folgende Stelle (V. 3693–3694) andeuten zu wollen:

     „min here Gerart quam geredin
Scherfgin na ritterlichen seden.“

     Er bewohnte ein Ansiedel in der Nähe von Hagen’s Wohnung, die ehemals der Schulhof hieß und hinter St. Marien im Capitol beim Hause porta sculpta oder Gravenporze, auf den Wohnsitz Gerard Scherfgin’s zu, fast gegenüber der Noitburgis-Kapelle, lag. (Schreinsb. Mart. Saphiri 1271: domus sita prope domum vocatam gravenporzen versus domum Gerardi Scherfgin, que quondam vocabatur Schoilhof.) Manche Sprossen der Familie Scherfgin wurden mit den höchsten Aemtern betraut. Mit Urkunde vom 14. Januar 1387 ernannte Erzbischof Friedrich den Rembodo Scherfgin zum Stadtgrafen. Bei dem bald darauf gefolgten Sturze der Geschlechterherrschaft wurde er von der siegenden Gemeinde gefangen genommen und eingekerkert, worauf er 1396 Urfehde schwören mußte. 1442 erscheint ein Hermann Scherfgin, der sich mit Bela Hirtz von der Landskrone vermählte und zum Bürgermeister in Köln von den Zünften erwählt wurde. Das städtische Museum besitzt ein vorzügliches Gemälde, welches diesem Ehepaar seine Entstehung verdankt. Es hat die apokalyptischen Visionen des h. Johannes zum Gegenstande. In der Mitte sitzt der himmlische Vater auf einem Thronsessel, das sieben Mal versiegelte Buch haltend; links von ihm steht das Lamm, zu seinem Schooße sich emporrichtend. Die geflügelten Sinnbilder der Evangelisten mit Spruchzetteln umgeben, je zwei unten und oben, den Thron. Zwei Rundungen in den Regenbogenfarben, etwa einen Fuß weit von einander getrennt, umziehen diese Vorstellung. Der ganze Zwischenraum ist mit goldenen Sternen übersäet, zwischen welchen unten die sieben goldenen Leuchter aufgestellt sind; nach beiden Seiten hin erscheinen aufsteigend die Gestalten der weißgekleideten, goldbekrönten 24 Alten, theils mit Harfen und Geigen, theils mit goldenen Gefäßen und Schalen. Außerhalb des untern Regenbogens sitzt links im Vordergrund am Meeresstrand auf der Insel Pathmos der Evangelist, begeistert zum Himmel aufblickend und in ein Buch schreibend; ein Engel mit Spruchzettel schwebt über seinem Haupte. Rechts gegenüber knieen betend der Stifter und seine Gemahlin, er in schwarzem pelzverbrämtem Anzug, sie ebenfalls schwarz gekleidet und nonnenartig verhüllt; ein weißes Tuch umschlingt unter dem Ueberwurf ihr nur unvollständig sichtbares Antlitz. Im Hintergrund wasserreiche Landschaft, nach oben hin Goldgrund. Vor den Stiftern sind ihre Wappenschilder aufgestellt. Das Schergin’sche hat zwei rechtsschräge silberne Balken, dazwischen einen kleinen goldenen Dolch auf schwarzem Grunde im Schildesfelde; als Helmschmuck einen wachsenden schwarzen Ziegenbock mit silbernen Hörnern. Das Frauenwappen zeigt auf schwarzem Grunde zwei linksschreitende, über einandergestellte silberne Leoparden im Schilde und als Helmschmuck einen wachsenden schwarzen Hirsch mit silbernem Geweih. Das Bild hat eine Breite von 5 Fuß 1 Zoll bei 4 Fuß 1½ Zoll Höhe und ist in der technischen Ausführung dem Pseudo-Israel von Meckenen[1] verwandt. Ein Zweig der Familie Scherfgin wohnte in der Friesenstraße. Das interessante alterthümliche Haus, am Giebel mit Kaiser-Medaillons verziert, hatte sich noch bis zu unsern Tagen erhalten; vor einigen Decennien mußte es jedoch seinen Flächenraum zu Neubauten hergeben.

     Eine vornehme Stellung im Kölner Handelsstande nahm die Familie Hardenrath ein. Die Koelhof’sche Chronik von 1499 bezeichnet Bl. 100a den in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts lebenden Johann Hardenrath als einen Englandsfahrer, d. h. einen der Kaufherren, deren Schiffe direct nach England fuhren. Im Jahre 1466 ließ er mit seiner Gemahlin Sibylla von Schlosgen in der Kirche zur h. Maria im Capitol eine Kapelle erbauen, welche die Salvators- oder auch Hardenraths-Kapelle genannt wird. Die Chronik berichtet darüber: „Bei unsern Zeiten ist die vorgenannte Sanct Marienkirche bei dem Malzbüchel großlich geziert worden, nämlich auf der rechten Seite neben dem Chor mit einer sehr köstlichen Kapelle, genannt Sanct Salvators-Kapelle, darin gestiftet ist zu den ewigen Tagen alle Tage eine singende Messe mit Discant und desgleichen alle Abende Unser lieben Frauen Lob auch mit solchem Sang, und hat die also gestiftet um das Jahr des Herrn 1465 ein ehrsamer Bürger von Köln und ein Englandsfahrer (»Engelschverder«), genannt Johann Hardenrait. Desgleichen hat er eine säuberliche Wohnung bei dieser Kapelle erbauen lassen und die reichlich berentet für acht Personen, sowohl für Meistersänger als für Jungen, die jährlichs ihre Leibzucht und Kleidung übergenügend empfangen.“ Vor der Kapelle ist über dem Eingang das Standbild des Heilandes, die Weltkugel haltend, aufgestellt. Zu den Seiten davon sind zwei Tafeln eingemauert, welche folgende Inschriften haben, deren Zeilen von der einen Tafel zur andern fortlaufend zu lesen sind, links über dem Hardenrath’schen, rechts über dem Schlosgen’schen Familienwappen:

„Im Jahre unsers herren 1466 den 6. Augusti haben | die Woledle
und Tugentriche Johan von Hardenrode
und Sybilla von schlosgen Eheleut diese Capell bawen | lassen und
mit einer teglicher Musichs Mees Fundirt
Welchs wir beide Vetteren Wilhelm und Johan von | Hardenrode
zu eviger der Fundatoren und Har-
denrode geschlechts gedechtnus als negste Furste | her und Pronisoren
setzen lassen im Jahre 1638. 1. may.“

     Das Stiftungsjahr ist also hier genauer angegeben als in der Chronik. Die innere Ausschmückung dieser Kapelle ist von hervorragendem Kunstwerth. Die Wände sind theilweise von dem Pseudo-Israel von Meckenen bemalt, den die Kunstgeschichte gegenwärtig nach einem seiner Hauptwerke als dem Meister der Lyversberg’schen Passion (jetzt im Kölner Museum) zu bezeichnen pflegt. Das obere


  1. WS: vermutlich Israhel van Meckenem (der Jüngere) * um 1440, evtl. auch dessen Vater