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„Es ist ja auch eine Sünde und eine Schande, gnädige Frau, was der sich gegen Sie herausgenommen hat.“

Die Legende von Heises ritterlicher Tat stand schon in voller Blüte. Fatma hörte angestrengt zu. Es fiel ihr nicht leicht, ihr übermüdetes, zerschundenes Gehirn zusammen zu halten. Aber sie begriff, begriff immer mehr und mehr von dem, was die Garderobiere berichtete. Ihre Erschöpfung wich. Ihr Leben, dieses verwirkte fortgeworfene Leben, erwachte wieder. Was erzählte die Frau? Was war geschehen?! Ein Mann – – ja, ja – – – sie hatte ihn ja gesehen – sie erinnerte sich schemenhaft – dann immer deutlicher – ein grosser blonder Mann, der – ja der, der neulich Baras Rolle hatte haben wollen. Der hatte Bara bestraft? Richtig, der war ja dazu gekommen, natürlich, als Bara sie gegen die Wand geschleudert hatte. Hatte gleich für sie Partei ergriffen. Sie erinnerte sich dunkel. Und der war nachher noch einmal für sie eingetreten?! War für sie eingetreten? Hatte sie an Bara gerächt?!

Aus der tiefsten Demütigung erhob sich in zitternder ungläubiger Freude eine alternde, verzweifelte Frau. Die zertretene, verlassene grosse Sängerin richtete sich auf an der Ritterlichkeit und Verehrung eines Unbekannten. Was anderes als Verehrung hatte diesen jungen Mann dazu führen können, für sie einzutreten unter Opferung seiner Stellung?!

In dieser Stunde ihrer tiefsten Erniedrigung war es für Fatma Nansen ganz gleichgültig, wer dieser Ritter ihrer

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/103&oldid=- (Version vom 31.7.2018)