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Bombenrolle Baras erobern?!

Jo Ternitz strahlte jetzt, als wäre sie selbst ein Scheinwerfer. Heise hatte das Gefühl, ihn hebe eine Riesenfaust von den Brettern und trage ihn durch die Luft. Die Bühne, die Kollegen, die Sänger, die Arbeiter, alles wirbelte in einem Schneeflockengemengsel vor seinen Augen. In diesem Chaos gab es nur einen ruhenden Pol, an dem sein schwindelndes Bewusstsein sich festsaugte: die kleine gedrungene Gestalt des Direktors, die vor ihm herschritt, wie die leitende Feuersäule vor den aus Ägypten ziehenden Hebräern. Die Kniekehlen waren weich und drohten unter ihm fortzusacken. Er wagte nicht, nach rechts noch links zu blicken, hielt die Augen starr gebannt auf den Rücken Buchners, aus Furcht, von der Gewalt seines Glückes, von der Macht des sausenden Überschwanges in seiner Brust, von seinem unbegreiflichen Erfolg hingemäht zu werden.

Da zerstob der Hexensabbat. Da geschah etwas Furchtbares.

Langsam schritt der grosse Tenor über die Bühne.

„Buchner!“ rief diese vergötterte, hochgebenedeite[1] Stimme.

Der Direktor blieb kurz vor der Bühnenwand stehen. Das Herz setzte dem gerissenen Va-banque Spieler aus vor Entspannung. Schon hatte er seinen gewagten Coup verloren gegeben. Doch keine Linie zuckte in dem ledernen, mageren Schauspielergesicht. So hart bändigte er die Freude, die ihm die Brust auseinandersprengt.

Der Sänger versuchte ein schalkhaftes Lächeln. Es misslang, wie ihm fast jedes Mienenspiel verunglückte.


  1. Vorlage: hochgebeneidete
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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/12&oldid=- (Version vom 23.8.2020)