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Autosuggestion. Sie klammerte sich an diesen Glauben, der Ihr die Möglichkeit gab, unter Selbstachtung weiter zu leben. Sie war aufgewühlt, vernichtet von dieser Tat, entsetzt und gerührt. Ein junger Mensch warf sein Leben für sie hin. Grauenhaft. Unglaubhaft. Herrlich und wunderbar. Ihr Stolz, ihr Frauentum und ihr Glaube an ihre Frauenmacht erhoben sich aus ihrer tiefen Niederlage. Jetzt liebte sie diesen Mann, der aus Liebe zu ihr getötet hatte. Sie wollte für ihn kämpfen, so weit es in ihrer Macht stand, und für ihn leben, wenn er freigesprochen wurde. Er musste ja freigesprochen werden. Er hatte ja nichts getan, als eine gedemütigte, zertretene, schutzlose Frau verteidigt und gerächt. Das alles sagte sie dem Richter in tiefster Erschütterung.

„Er hat geleugnet, dass er jenen ersten Angriff in der Pause für Sie unternommen hat,“ belehrte der Richter.

Fatma lächelte weh und durch Tränen des Verstehens.

„Dem Direktor gegenüber hat er es zugegeben,“ sagte sie leise. „Jetzt natürlich, nachdem die Liebe ihn zu dieser grauenvollen Unbesonnenheit getrieben hat, will er mich schonen, will er mich nicht in den Strudel des Prozesses hineinziehen. Aber gerade dieses Leugnen zeugt für den Adel seiner Gesinnung. Von seiner Ritterlichkeit durfte man nichts anderes erwarten. Aber ich weiss, Herr Richter, er hat es für mich getan – leider. Der Arme.“

Der Richter rückte, von plötzlichen Zweifeln überfallen unruhig auf dem Sitz umher.

„Aber gnädige Frau, wenn Sie glauben, er habe es nicht

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 138. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/139&oldid=- (Version vom 31.7.2018)