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Publikum und lächelt, lächelt geheimnisvoll und in seltsamer Zuversicht. Auf vielen Frauengesichtern spielt das Spiegelbild dieses mystischen siegegewissen Lächelns des Angeklagten. Es wirkt suggestiv und verſührerisch. Jetzt sehen alle seine gespannte junge Kraft und Grösse.

Der Präsident beugt sich vor über den Richtertisch. Ein Rücken, ein Zurechtsetzen, wie im Theater, wenn der Vorhang aufgeht, scharrt durch den weiten Saal. Dann herrscht lautlose Stille erhitzter Erwartung. Das Spiel hat begonnen.

Draussen auf der Strasse und auf dem Platz horcht alles gespannt. Die Berichte folgen sich wie die Entladungen von Maschinengewehrsalven.

Die Stimme des Vorsitzenden ist weich, fast zärtlich, mit einem metallisch warnenden Unterton stählerner Energie. Jeder im Saal und draussen in den Strassen von Berlin hofft, der Angeklagte wird freigesprochen werden. Es gilt nur die Würde des Rechts, der Staatsordnung, des Verfahrens zu wahren. Gerichtet ist längst der Ermordete. Für den Mörder kämpft die Verehrung der Damen. Er ist nur die rächende Hand aller dieser betrogenen, entehrten Frauen gewesen.

Der Präsident kennt die allgemeine Stimmung, der Staatsanwalt an seinem Tisch kennt sie. Einen jüngeren Mann hat die Anklagebehörde auf diesen verlorenen Posten entsandt. Ehren sind hier heute nicht zu ernten. Die Schöffen wissen, was die Volksstimme von ihnen fordert. Brave Bürger sind sie, Familienväter, im Leben verknöchert und vertrocknet, die alle Sehnsucht nach Liebe längst begraben haben und den

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/157&oldid=- (Version vom 31.7.2018)