Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/268

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

gefunden ausgeben konnte. So wurden denn im Polizeiblatt von Konstantinopel („Polizei-Revue für die intellektuelle Bildung der Polizisten“, nennt sich das Blatt) in der Mai-Nummer Haufen von Gewehren und Bomben, die man photographiert hatte, abgebildet. Die Veröffentlichung sollte dazu dienen, die Bevölkerung und die Vertreter der fremden Mächte von den revolutionären Absichten der Armenier zu überzeugen. Um die Beschuldigung, daß die Armenier die Ausrichtung eines armenischen Königreiches geplant hätten, glaubhaft zu machen, wurde auch die Photographie einer „revolutionären Fahne mit dem armenischen Wappen“ wiedergegeben.13) (Auch das offizielle Communiqué vom 4. Juni spricht von diesen „revolutionären Fahnen“.) Wie verhält es sich damit?

Die Partei der Daschnakzägan hatte ein Parteiwappen, das in allen armenischen Klubs aushing. Junge Damen machten sich ein Vergnügen daraus, dieses Wappen als Emblem für die Klublokale zu sticken. Hundertmal haben die Jungtürken, wenn sie in den Klubs der Daschnakzagan aus- und eingingen, dieses Wappen gesehen. Im Scherz nannten sie es „le drapeau du patriotisme ottoman“. Da man keine anderen Beweise hatte, wurde jetzt das Parteiwappen der Daschnakzagan photographiert und für die Fahne der Revolution ausgegeben.

Man kann sich den Verkehr, der früher zwischen den armenischen und jungtürkischen Klubs und ihren Führern bestand, nicht eng genug denken. Man beriet nicht nur, man dinierte und soupierte zusammen. Man veranstaltete gemeinsame Wahlfeldzüge und tauschte freundschaftliche Besuche aus. Als Aknuni krank war wurde er von Talaat Bey und Dschavid Bey besucht. Tags darauf kamen Dr. Nasim und Omer Nadji. Der letztere ließ sich allwöchentlich auf der Redaktion des Azatamart sehen.

Es ist begreiflich, daß auch im jungtürkischen Komitee lange Zeit eine Majorität für die Maßregeln gegen die


[Ξ] 13)

Die Polizei in Konstantinopel hat nachträglich zwei Bilderbücher mit Haufen von Gewehren, Bomben, Fahnen und dergl. veröffentlicht, die nur Unkundige über den Wert solcher Machwerke täuschen können. Eine Charakteristik dieser Publikation hat die Deutsch-Armenische Gesellschaft veröffentlicht.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/268&oldid=- (Version vom 31.7.2018)