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Verleumdung, daß deutsche Konsuln die armenischen Massakers geleitet oder ermutigt hätten und daß der deutsche Konsul Dr. Rößler in Aleppo sich nach Aintab begeben habe, um dort in eigener Person die Massakers zu leiten, stammt weder aus Amerika noch aus England, sondern geht auf die Aussage eines syrischen Flüchtlings (Mitteilung aus Kairo vom 30. September) zurück, die vom „Temps“ am 1. Oktober 1915 veröffentlicht und von der französischen Presse verbreitet wurde. Wir haben bereits oben darauf hingewiesen, daß von armenischer Seite den deutschen Konsuln und speziell Dr. Rößler das beste Zeugnis ausgestellt und vollste Anerkennung für ihre menschenfreundliche Tätigkeit ausgesprochen worden ist.

Die Berichte des amerikanischen Komitees bezweckten ausschließlich eine Hilfeleistung für die deportierten und verhungernden armenischen Frauen und Kinder und sind frei von jeder politischen Tendenz. Es sind auch bereits 200 000 Dollar, die gesammelt wurden, der amerikanischen Botschaft in Konstantinopel für die Notleidenden zur Verfügung gestellt worden. Der amerikanische Botschafter Mr. Morgenthau in Konstantinopel war es, der dem Minister des Innern Talaat Bey und dem Kriegsminister Enver Pascha den Vorschlag machte, die gesamte armenische Bevölkerung der Türkei, einschließlich der Armenier von Konstantinopel, nach den Vereinigten Staaten überzuführen. Es wäre sicherlich besser gewesen, diesen wohlgemeinten Vorschlag anzunehmen, statt die armenische Bevölkerung dem Untergange preiszugeben. Amerika würde sich glücklich geschätzt haben, ein so arbeitsames und strebsames Volk wie die Armenier der Türkei aufzunehmen und es würde von einer solchen ebenso klugen als menschenfreundlichen Handlungsweise denselben Segen gehabt haben, wie Preußen von der Aufnahme

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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite 262. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/297&oldid=- (Version vom 2.10.2018)