Seite:Der Todesgang des armenischen Volkes.pdf/32

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dem Schwert, sondern dem Hunger zu unterliegen, auf jeden zweiten Mann ein Weib, ein Kind ins frühe Grab zu legen. Das armenische Volk aber hat alles das, was wir erlitten und mehr als das, unter unsagbaren Qualen und scheußlicher Tortur leiden müssen, vier lange Jahre den Untergang des ganzen Volkes vor Augen. Mag auch die halbe Welt des Rechtes sich begeben haben, zu beten: „Vater, gib uns unser täglich Brot“, – denn das will sagen: „gib nicht nur mir, gib allen Menschen, jedem Volk, Mann, Weib und Kind ihr täglich Brot“ – so wollen doch wir Deutschen, die wir von andern Christenvölkern vier Jahre lang aus ihrem Vaterunser ausgeschlossen waren, das unglücklichste der Völker, das gleich uns den Schwarzen Reiter mit der Wage in der Hand über die Leichen von Frauen und Kindern reiten sah, in unser Vaterunser einschließen und unser schmal gewordenes Brot mit ihnen teilen.

Ich wünsche die Mittel für mehrere tausend Waisenkinder aufzubringen und bitte jeden, der dieses Buch in die Hand bekommt, an seinem Teil dazu mitzuhelfen. Konnten wir das Verhängnis nicht abwenden, der Wiedergutmachung dürfen wir uns nicht entziehen.


Potsdam, den 1. Mai 1919.
Roonstraße 13.


Dr. Johannes Lepsius.


Empfohlene Zitierweise:
Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite XXIX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/32&oldid=- (Version vom 31.7.2018)