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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

Geometrisierung der Physik und Arithmetisierung der Geometrie und der schon damals sich ankündigende Aufstieg der „Relativitätslehre“ eng zusammenhänge mit der Seele jüdischer Menschen.

Die gesamte Logik des Abendlandes, die von Aristoteles bis Kant immer das Selbe sagt, immer die selbe leere Selbstverständlichkeit . . . worauf doch kam sie hinaus?

Auf ein Bekenntnis zu Begrenztheit! Zur Begrenztheit des im Denken einmal Gesetzten oder einmal als gegeben Anerkannten.

Man möchte sagen: Logik war immer nur Aufforderung zur Einheit. Sie war immer nur jener Akt der Tat, welchen Aristoteles „a = a“, Satz der Einerleiheit, genannt hat.

Daher begann die Zertrümmerung der Logik und mit ihr die Zertrümmerung des Kosmos als eines Kosmos, als die Denker der christlichen Jahrtausende das Irrationale und das Imaginäre zum Gegenstand definitiven Wissens machten. Denn ein Irrationales oder Imaginäres ist nicht als Einheit faßbar. Unendliches kann nie beendet, Unermeßliches kann nie festgestellt werden. Selbst jener Satz der Identität und somit das Denken selber wurden sinnlos, sobald man absah von der Endlichkeit und Begrenztheit jedes im Denken als gegenständlich und dinglich Erfaßten . . . Erfaßt und schafft, hält und erhält aber etwa mit ihrem Kosmos sich die Menschheit selber? Schwindet nicht auch das Menschengeschlecht als lebende Einheit dahin, wenn das Denken die begrenzte Welt zerlöst?

In Platos „Theätet“ findet sich jenes wundersame Loblied auf die „Endlichkeit alles Vollkommenen“. Auch

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/85&oldid=- (Version vom 29.12.2019)