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aber mit Ehre bedeckt und die Skalpe unserer Feinde am Gürtel, so pflegten sie uns. Und wenn die Büffelherden ausblieben, so versorgte uns der gute alte Vater aus dem weißen Hause mit Mehl, damit seine roten Kinder, die er liebte, nicht hungerten, und für unsere Felle gab er uns Feuerwasser, daß wir unser Herz erfreuten und wieder jung würden. – Da kamst Du, Du Lügner, mit der doppelten Zunge ....“

Und nun schmähten sie auf Todespfeil und schoben ihm alle Schuld zu und thaten, als sei alles Lug und Trug gewesen, was er verkündet, als habe er nie sein Wort gehalten, als sei niemals ein Indianer unverwundbar gewesen.

Jetzt war es auch wirklich kein einziger mehr, sie waren alle schon längst in das alte Laster zurückgefallen, keiner hatte auf die Dauer der Versuchung widerstehen können, sich in dem Feuerwasser, das ihnen bei ihrem Siegeszug überall zur Beute geworden war, wieder einmal sinnlos zu betrinken.

Solche Worte zerrissen Todespfeil jedesmal das Herz. Wie gern wäre er, den sie einen Feigling schalten, in den Tod gegangen, hätte er dadurch sein Volk vor dem gänzlichen Untergange retten können!

Eines Tages, als er, wieder auf der Flucht vor fanatischen Verfolgern, einen hohen Berg erklommen hatte und sich in einer Höhle versteckt hielt, sah er unten im Thale zwischen den Felsen eine im Sonnenschein blitzende Schlange sich bewegen, deren Schwanz sich in der Ferne verlor – so sah es wenigstens von hier oben aus. Aber Todespfeils scharfe Augen erkannten sofort, daß es bewaffnete Truppen waren, amerikanische Soldaten, die heranrückten, um den letzten Kampf mit den Rothäuten zu bestehen.

Plötzlich blitzte in dem Kopfe des Verfolgten ein Gedanke auf. Nicht retten konnte er sein Volk mehr, wohl aber mit seinen Brüdern sterben unter den Bajonetten der Feinde den Heldentod.

Beseelt von diesem Gedanken, wandte er sich zurück und lief direkt den Verfolgern in die Hände, die den sich nicht

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Robert Kraft: Der rote Messias. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 30. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_rote_Messias.pdf/32&oldid=- (Version vom 31.7.2018)