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90a. Wenn ich ein Vöglein wär.
1.
Wenn ich ein Vöglein wär

und auch zwei Flüglein hätt,
flög ich zu dir;
weils aber nicht kann sein, :|:
bleib ich allhier.

2.
Es vergeht keine Stund in der Nacht,

daß nicht mein Herz erwacht
und an dich denkt,
wie du mir viel tausendmal
dein Herz geschenkt.

3.
Bin ich auch sehr weit von hier

bin doch im Traum bei dir,
rede mit dir.
O wie viel tausendmal
seufz ich zu dir!

4.
Wenns die Leut nicht haben wolln,

daß wir uns lieben solln,
so gute Nacht!
Obs gleich die Leut verdrießt
lieb ich dich doch.

(Mündlich, aus Bornhausen im Braunschweigischen. Im J. 1820 durch Hrn. Prof. Hoffmann von Fallersleben daselbst aufgenommen. – Vgl. A. Kretzschmer, „Deutsche Volkslieder“ etc. I, 513.)


90b. Wenn ich ein Vöglein wär.
1.
Hopsa, der Wald isch griha,

ho i denn ka Schozeli miha,
was fang i an?
Warte nur eine kleine Weil, :|:
gehts wiederum an!

2.
Obschon die Eltern dein,

meine Freund zuwider sein,
das acht ich nicht.
Wer weiß, ob dieses nicht
aus Neid geschicht!

3.
Wenn ich a Vöglin wär

und auch zwei Flügele hätt,
flüag ich zu dir.
Kein Vögele bin i nit,
zwei Flügele hab i nit,
drum bleib ich hier.

(F. D. Gräter, „Idunna und Hermode. Eine Alterthums-Zeitung für 1816. Hall im Königr. Würtemberg.“ S. 176. – Mündlich, an der Gränze von Schwaben und Franken aufgenommen. – Vgl. das. S. 125.)

1. Griha, grün. miha, mehr.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_236.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2019)