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164. Abschiedsklage.


Mäßig langsam. Melodie mündlich, aus dem Hessen-Darmstädtischen.
(Dreiechenhain, Offenthal etc.)
Noten
Noten


(Vgl. Nr. 165.)

1.
Ach in Trauern muß ich leben,

sag, woran hab ichs verschuldt?
|: Weil mein Schatz mirs hat aufgeben,
muß ichs tragen mit Geduld. :|

2.
Wo ich geh auf Weg und Straße,

sehen mirs die Leute an;
meine Augen geben Wasser,
ich kein Wort mehr sprechen kann.

3.
Vater und Mutter wollns nicht leiden,

schönster Schatz, das weißt du wol:
Kannst dein Glück noch besser machen,
weil ich dich nicht haben soll.

4.
Sind wir oft beisammn gesessen

manche schöne halbe Nacht,
und den süßen Schlaf vergessen
und mit Lieben zugebracht.

5.
Spielet auf, ihr Musikanten!

spielet mir ein Saitenspiel,
meinem Schätzchen zu Gefallen,
weil ich Abschied nehmen will.

6.
Rosmarin und Lorbeerblätter

schenk ich dir zu guter Letzt:
das soll sein das letzt Gedenken,
weil du mich nochmals ergötzt.

(Vielfach mündlich, aus dem Hessen-Darmstädtischen [Dreieichenhain, Offenthal], Brandenburgischen [Gramzow, Wilsnack etc.], aus Sachsen-Meiningen [Herpf], Schlesien, vom Niederrhein u. s. w.)

1, 1. Stets in Trauern etc. 1, 3. Weil mein Sehatz ist untreu worden, will (muß) ichs leiden in Geduld. – 2. Vgl. Wunderhorn. I, 84; in neuster Aufl. I, 95. – 2a. Meine Augen sind die Federn, meine Wangen das Papier, meine Thränen sind die Tinte, wann ich schreiben will (thu) zu dir. – Gehört zur Klasse der oben S. 283, 285, 288, 314, 349 u. 355 erwähnten Lieblingsstrophen. Vgl. Liederhort. S. 205 (Str. 4.), 278 (Str. 1.) u. 288 (unten). – 3, 2. gelt, mein Schatz, das weißt du wol! – 3, 3. Sag mir die gewisse Stunde, wann ich zu dir kommen soll. Vgl. Liederh. S. 189. (Str. 6.) – 4, 1. Oft habn wir beisammen gesessen, manche liebe lange Nacht, und den Schlaf dabei vergessen etc. – 5. Lieblingsstrophe wie oben Str. 2a. – Vgl. Liederh. S. 301. Hoffmann v. F. Schles. Volksl. S. 94 u. 180. – 6. Auch hier gilt das oben bei Str. 2a Gesagte. – 6a. Stehn zwei Sternlein an dem Himmel, leuchten heller als der Mond (leuchten wie das klare Gold); einer (der eine) leucht zu meim Feinsliebchen, einer (der andre) leucht ins fremde Land (ins finstre Holz.) – Wiederum Lieblingsstrophe vieler Lieder. Vgl. Erk, Volksl. B. II, H. 6, S. 23, Nr. 21. Gräter, Bragur. I, 272. (Str. 4.)

Es ist nicht leicht, dieses Lied rein nach seinen ursprünglichen Bestandtheilen wiederzugeben und alles Fremdartige davon auszuscheiden. Vgl. z. B. Simrock, Volksl. S. 239, wo dasselbe aus nicht weniger als sieben Liedern zusammengesetzt ist. Str. 4: „Treue Liebe geht von Herzen“ – gehört zu dem Liede: „Mädchen, wenn ich dich erblicke.“ (Erk, Volksl. B. III, H. 1, S. 80, Nr. 73.) Ebenso Str. 9. – Nicht selten wird auch noch folg. Str. „Lieben sind zwar schöne Sachen, wenn man keine Falschheit spürt; täglich muß das Herze lachen, wenn man stündlich karessiert.“ mit herangezogen, welche in dem Liede: „Edle Seele, du mein Leben.“ (Nach einem flieg. Bl. vom J. 1786) zu suchen.

Vgl. L. Erk, Volksl. B. I, H. 2, S. 8, Nr. 9.

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Erk (Herausgeber): Deutscher Liederhort. Verlag von Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Liederhort_(Erk)_365.jpg&oldid=- (Version vom 27.10.2019)