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mögen nur einige der hauptsächlichsten Bestrebungen andeuten, die mehr oder weniger ausschließlich zu neuen umfassenden Arbeitsgebieten der Selbstverwaltung geworden sind, und auf denen sie vielfach mit vorbildlichen Schöpfungen im Dienste der leidenden und pflegebedürftigen Menschheit vorgegangen ist. Solchen Bestrebungen nahe verwandt, sind die mannigfachen Maßregeln im Interesse der allgemeinen Fürsorge für die arbeitende Klasse, wobei hier von der weiter unten zu erörternden Tätigkeit der Selbstverwaltung als Arbeitgeberin abgesehen werden soll. Es sei hier nur auf Veranstaltungen wie Arbeiter-Schutz- und -Wärmehallen, Volksküchen, Volksheime, Rechtsauskunftstellen, Arbeitsnachweise, die Beschaffung von Arbeitsgelegenheit für Arbeitslose, ja die mannigfachen Versuche mit der Schaffung einer Arbeitslosen-Versicherung hingewiesen.

Schulwesen.

Und dieselbe Erscheinung einer außerordentlichen Arbeitsvermehrung, in die Breite wie in die Tiefe, finden wir auf dem nicht minder bedeutsamen, die Selbstverwaltung materiell sicher am stärksten beanspruchenden Verwaltungsgebiete, dem öffentlichen Schulwesen. Neben die Sorge für die höheren Schulen und die allgemeine Volksschule trat einerseits die Fürsorge für eine neue, sich allmählich immer weiter ausbreitende Schulgattung, die Mittelschule, die ihren Zöglingen zu dem Wissen der Volksschule noch die Kenntnis einer oder mehrerer fremder Sprachen verschaffen soll. Außerdem nahmen die Arten der höheren Lehranstalten, mit der verstärkten Bedeutung und dadurch vermehrten Schaffung von Oberrealschulen und Realschulen, mit den Reformgymnasien und -Realgymnasien, in neuester Zeit auch der weiteren Ausgestaltung der höheren Mädchenschulen – mit Frauenschule, Lyzeum, Oberlyzeum, Seminar und Übungsschule – in nicht geringem Umfange zu. Die allgemeine Volksschule andererseits, von jeher ein Gegenstand besonderer Pflege der Selbstverwaltung, konnte nicht nur innerlich durch stete Erweiterung ihres Lehrziels und fortschreitende Berücksichtigung der Eigenart der Schüler wesentlich gefördert werden, sondern hat auch äußerlich ganz außerordentliche Fortschritte zu verzeichnen gehabt. Handarbeits-, Handfertigkeits- und Werkunterricht, Koch- und Haushaltungsunterricht, Sonderklassen für Schwachbefähigte, wie Hilfsschulen, Schulärzte und Waldschulen, mögen als Beispiel für die Fortschritte der inneren, Turnhallen und Jugendspielplätze, Brausebäder, belehrender und anregender Bild- und Wandschmuck in den äußerlich ansprechenden, mit hohen, luftigen, gut belichteten Klassen, guten Büchereien und Lehrmittelsammlungen, geräumigen Schulhöfen und Schulgärten versehenen Schulhäusern, als Merkmale der großen Verbesserungen der äußeren Schuleinrichtungen hervorgehoben werden. Volksbibliotheken, Lesehallen und Stadtbüchereien schließen sich als in derselben Richtung liegende Fortschritte an. Mit besonderem Stolze darf ferner die Selbstverwaltung auf das recht eigentlich aus ihr heraus immer segensreicher erwachsene gewerbliche Fortbildungsschulwesen blicken. Dazu berufen, der der Volksschule entwachsenen Jugend in der Zeit vom 14. bis zum vollendeten 18. Jahre die notwendigen Kenntnisse für das Berufs- wie das allgemein-bürgerliche Leben zu vermitteln, hat sich die Fortbildungsschule zugleich in immer steigendem Maße zu einem wesentlichen Mittelpunkte auch für die sonstige

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/211&oldid=- (Version vom 4.8.2020)