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die jetzt noch unverwertet an den zahlreichen Heizstellen in die Luft gehende Stickstoffmenge eine ganz ungeheure. Der gerade als Dünger so teuer bewertete Stickstoff bringt überdies bei der Verbrennung selbst nicht den geringsten Nutzen, da er nicht zur Erhöhung des Heizwertes, sondern im Gegenteil als unverbrennbar zur Verminderung desselben beiträgt. Die Gewinnung des ganzen bei allen Verbrennungen freiwerdenden Stickstoffs ist daher noch eine Aufgabe für die Zukunft, die volkswirtschaftlich von außerordentlich hoher Bedeutung ist. Auf dem Wege zu diesem Ziel befinden sich aber immerhin bereits die Fabriken, die schwefelsaures Ammoniak gewinnen, in klarer Erkenntnis der Wichtigkeit dieses wirtschaftlichen Problems.

Chilisalpeter.

In der Wertschätzung des anderen bisher wichtigsten Stickstoffdüngemittels, des Chilisalpeters, hat sich in der letzten Wirtschaftsperiode nur wenig Änderung gezeigt; höchstens hat man noch mehr den Wert dieses Düngemittels erkannt. Als tröstlicher Befund ist dabei für die neuere Zeit zu konstatieren, daß die Salpeterlager in Chile noch groß sind und für lange Zeit auszureichen scheinen.

Atmosphärischer Stickstoff.

Weiterhin hat man aber auf dem Gebiete der Stickstoffdüngemittel noch einen epochemachenden Fortschritt erzielt durch Erfindung verschiedener Methoden, die gestatten, den elementaren Stickstoff unserer irdischen Atmosphäre in wirtschaftlich brauchbarer Weise in chemische Verbindungen zu bringen, die als Düngemittel dienen können. Zunächst gelang in dieser Art die Herstellung des Kalkstickstoffs, und dann mit einer kleinen Änderung des Verfahrens die des Stickstoffkalkes, und endlich die Darstellung eines Kalksalpeters, ebenfalls aus dem atmosphärischen Stickstoff. Die Brauchbarkeit dieser Produkte im Ackerbau hat sich seitdem erwiesen, allerdings mit den kleinen Einschränkungen, daß Kalkstickstoff und Stickstoffkalk als Kopfdüngung oder auch in der Zeit der Bestellung nicht ganz unbedenklich namentlich für junge Pflanzen wirken. Dieser Mangel ist aber zu vermeiden, wenn man diese Düngemittel einige Zeit vor der Bestellung in den Acker bringt, so daß sie nicht unmittelbar mit den keimenden Saatkörnern oder mit den jungen Pflanzen in Berührung kommen. Beim Kalksalpeter andererseits ist noch als praktischer Mangel anzusehen eine gewisse Ungleichmäßigkeit in der Zusammensetzung, die den geschäftlichen Verkehr bei ihm nicht unwesentlich erschwert. Im übrigen ist aber die Wirkungsweise im Verhältnis zum Stickstoffgehalte dieser Düngemittel als genügend aufgeklärt zu betrachten. Was bei der Gewinnung dieser Stoffe aber am wichtigsten ist, bezieht sich auf den Umfang, der bei der Produktion dieser Stoffe zu erwarten ist. Wichtig ist hierbei, daß bei der Herstellung sehr starke und auf eine Stelle konzentrierte Energie angewandt werden muß, die entweder durch Aufwendung beträchtlicher Heizstoffe in Fabriken oder durch Verwendung von Wasserkräften zu gewinnen ist. Da man immerhin mit einem möglichsten Haushalten an dem Kohlenvorrate des Landes und der Erde rechnen muß, und auch der Preis der Heizstoffe zunimmt, so schien sich in den natürlichen Wasserkräften eine wertvolle

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/332&oldid=- (Version vom 20.8.2021)