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Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Hauptbahnen

Wo die Anlage neuer Eisenbahnlinien in Frage kam, diente sie fast ausschließlich dem Verengern der Maschen des Hauptbahnnetzes durch Neben- und Kleinbahnen. In erster Linie aber standen die Maßnahmen zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der vorhandenen Hauptbahnlinien sowohl durch umfängliche bauliche Verbesserungen und Ergänzungen der Strecken- und der Bahnhofsanlagen als auch durch technische Vervollkommnungen der Betriebsmittel und Betriebseinrichtungen.

Neben- und Kleinbahnen.

9 Milliarden M. sind in den letzten 26 Jahren für die Eisenbahnen im Deutschen Reiche verausgabt worden; die Betriebslänge an vollspurigen Haupt- und Nebenbahnen ist von 40 400 km im Jahre 1888 auf etwa 63 000, einschließlich der nebenbahnähnlichen Kleinbahnen auf ungefähr 75 000 km im Jahre 1913 gestiegen. Die Dichte des deutschen Eisenbahnnetzes mit 134 km Bahnen auf 1000 qkm wird nur noch von Belgien mit 288 km auf 1000 qkm übertroffen. Vor allem ist in diesem Vierteljahrhundert der segensreiche Ausbau des deutschen Neben- und Kleinbahnnetzes bewirkt worden. Das Anlagekapital dieser Bahnen untergeordneten Ranges, die im Jahre 1888 nur in Anfängen vorhanden waren, beträgt gegenwärtig insgesamt etwa 1800 Millionen M. bei rund 16 000 km Bahnlänge.

Kolonialbahnen.

Eine ebenso lebhafte Entwicklung zeigen seit 1894 auch die deutschen Kolonialeisenbahnen, deren Bahnlänge jetzt das vierte Tausend Kilometer bereits erreicht hat.

Überall haben in den letztverflossenen 25 Jahren bei den Eisenbahnen, insbesondere aber auf deren technischen Gebieten, zahlreiche und umfassende Neuerungen und Vervollkommnungen zur Erreichung der notwendig gewordenen Steigerung der Leistungsfähigkeit Platz gegriffen. Nur einiger Hauptpunkte sei hier gedacht.

Geschwindigkeit der Züge.

Die Haupteisenbahnlinien Deutschlands waren im Jahre 1888 in den Elementen ihrer baulichen Anlagen, vor allem in den Steigungs- und Krümmungsverhältnissen für größte Geschwindigkeiten der verkehrenden Personenzüge von 60–80 km/Stunde bemessen. Der immer lebhafter auftretenden Forderung nach Abkürzung der Reisezeiten nachgebend, ist im Laufe der letzten Jahrzehnte die unter günstigen Streckenverhältnissen zulässige größte Geschwindigkeit der Züge bis auf 115 km/Stunde gesteigert worden, nachdem der sich stetig verbessernde Allgemeinzustand der Bahnen dies als angängig erscheinen ließ, und gleichzeitig wurde auch die obere Grenze der in der Regel zulässigen Geschwindigkeit der Personenzüge auf 90 km erhöht. Heute steht die durchschnittliche Reisegeschwindigkeit der deutschen Schnellzüge mit bis zu 88 km/Stunde hinter den auf ausländischen Bahnen zu beobachtenden Durchschnittsgeschwindigkeiten nicht mehr zurück.

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1488. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/359&oldid=- (Version vom 20.8.2021)