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zu denken, der in den 90er Jahren zwischen elektrotechnischer Wissenschaft und wirtschaftlicher Elektrotechnik entbrannte. Die Galvanometer der älteren Art benützten als beweglichen Teil eine durch das magnetische Feld der Erde gerichtete Magnetnadel. Die von den modernen Starkströmen, insbesondere den Strömen elektrischer Bahnen hervorgerufenen magnetischen Felder waren nun so stark, daß sie auf weite Entfernungen hin das erdmagnetische Feld beeinflußten; eine Messung mit empfindlichen Nadelgalvanometern war dabei überhaupt nicht mehr möglich. Bei den Drehspuleninstrumenten ist aber das von feststehenden Stahlmagneten geschaffene Magnetfeld so stark, daß die Beeinflussungen durch Bahnströme nicht bemerkbar sind. Durch sie sind die wissenschaftlichen Laboratorien davor bewahrt worden, aus den Städten gedrängt zu werden und schließlich – wie es Kohlrausch in jener Zeit einmal in humoristischer Übertreibung ankündigte – in die Lüneburger Heide auszuwandern.

Eine andere Gefahr der Bahnströme besteht in den sogenannten vagabundierenden Strömen, welche, während sie als Rückströme der elektrischen Straßenbahnwagen eigentlich in den Schienen zum Kraftwerk zurückfliehen sollten, die Schienen verlassen und an irgendwelchen Stellen in Gas- oder Wasserleitungen oder in die Bleimäntel elektrischer Leitungen eindringen, um aus diesen in der Nähe des Kraftwerks wieder aus- und in die Schienen zurückzufließen. An diesen Austrittsstellen zerstören sie die von ihnen vorher durchflossenen Metalleiter durch elektrolytische Wirkung. Es ist ein großes Verdienst des Deutschen Vereins von Gas- und Wasserfachmännern unter Lindley und Bunte, diese Gefahr gründlich geprüft und in Verbindung mit dem Verbande Deutscher Elektrotechniker und dem Verein Deutscher Straßenbahn- und Kleinbahnverwaltungen Maßnahmen zu ihrer Beseitigung vorgeschlagen zu haben. Die Gefahr kann als beseitigt gelten, viel haben hierzu die neuen Meßverfahren von Haber beigetragen.

Anlagen.

Im Jahre 1888 und noch mehrere Jahre später gehörten zur elektrischen Ausrüstung eines Elektrizitätswerks nur die Generatoren, einige von Hand einstellbare Regulierwiderstände, die fast nie fehlenden Akkumulatoren mit ihren Zellenschaltern und die Meßinstrumente, alles zusammengestellt nach einem der von der Akkumulatorenfabrik in Hagen ausgearbeiteten Schemata, die Licht in das damals noch sehr dunkle Gebiet der Schaltungsschemata gebracht hatten. Die Apparate und Instrumente wurden auf einem sogenannten Schaltbrett untergebracht. Gegenwärtig ist ein Elektrizitätswerk erheblich mannigfaltiger ausgerüstet mit einer großen Zahl von Hilfsmaschinen und Hilfsapparaten, welche den Betrieb wirtschaftlicher und genauer gestalten. Dazu gehören die Ausgleichmaschinen zum Ausgleichen der Spannungen im Dreileitersystem, die Zusatzmaschinen zum Laden von Akkumulatoren, die Puffermaschinen zur Regelung des Parallelarbeitens von Generatoren und Akkumulatoren, ferner die Induktionsregler, Regulierapparate für Wechselstrom, um die Spannung zu vermindern oder zu erhöhen, Reguliertransformatoren und Ausgleichtransformatoren, welche in Wechselstromanlagen eine ähnliche Aufgabe wie die Ausgleichmaschinen in Gleichstromanlagen erfüllen. Bei diesen Regulierapparaten ist auch der Schnellregler zu gedenken, die 1903 von dem Amerikaner Tirrill ersonnen, von der deutschen Wissenschaft,

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1515. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/386&oldid=- (Version vom 20.8.2021)