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Cîteaux nach Frankreich reisten. Zugleich warf das XVI. Jahrhundert schon seinen Schatten voraus. Die Disciplin begann sich zu lockern, wir finden unter den Mitgliedern des Stiftes einen Flüchtling, der vom General-Capitel rehabilitiert wird; nicht mehr vereinzelt steht der Fall da, dass Mönche in anderen Klöstern herumvagieren und hospitieren.

Die Zeit der tiefsten Erniedrigung für die Abtei war aber die erste Hälfte des XVI. Jahrhunderts. Die Türkengefahr rückte bis an die Grenzen Österreichs heran, 1529 sah sich der ganze Convent zur Flucht gezwungen, nur ein einziger Laienbruder blieb zurück, der von den Barbaren grausam ermordet wurde, 1543 sah man sich gezwungen, das Archiv und die Kostbarkeiten nach Zwettl in Sicherheit zu bringen, die unaufhörlichen Türkensteuern nöthigten die Äbte, einen großen Theil der stiftlichen Besitzungen zu verkaufen und so konnte schon von vornherein aus Mangel an Subsistenzmitteln kein großer Convent, wie in früheren Zeiten, erhalten werden. Außerdem fand man infolge der neuen Ideen, welche die Reformation hervorgerufen hatte, keine tauglichen Candidaten in der Heimat selbst; als Abt Konrad II. den Personalstand des Klosters heben wollte, musste er deshalb aus seiner schwäbischen Heimat taugliche Postulanten herbeiziehen und beinahe ein ganzes Jahrhundert lang bestand nun der Convent großentheils aus Mitgliedern, die außerhalb der österreichischen Erbländer geboren waren. Wenn auch nur sehr wenige Mönche förmlich vom katholischen Glauben und vom Ordensleben abfielen, so dürften doch manche mit der neuen Lehre sympathisiert haben, wie die reformatorischen Druckwerke zeigen, die sich seit jener Zeit in der Stiftsbibliothek erhalten haben; das Leben eines Martin Steingaden zeigt deutlich, dass er den lutherischen Ideen nicht fremd gegenüberstand.

Mit der Gegenreformation brach auch für Heiligenkreuz eine bessere Epoche an, ja mit dem XVII. Jahrhundert beginnt eine neue Blütezeit. Aber das Wirken des Stiftes nach außen hin hatte sich vollständig geändert – den Schwerpunkt seiner Thätigkeit bildet von nun an die Seelsorge in den incorporierten Pfarreien. Zwar hatte der Bischof Wolfker von Passau bereits 1203 der Abtei die Pfarre Niedersulz und 1253 die Herzogin Gertrud die Pfarre Alland verliehen; jedoch wurden

Empfohlene Zitierweise:
Florian Watzl: Die Cistercienser von Heiligenkreuz. In Commission der Verlagsbuchhandlung ‚Styria‘, Graz 1898, Seite IX. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Cistercienser_von_Heiligenkreuz.pdf/10&oldid=- (Version vom 4.8.2020)