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verschiedene: Die Gartenlaube (1862)

Carl Maria von Weber’s Denkmal in Dresden.

wunderlichen Kirchenfürsten Füßen. Der Jünger mag wohl dem alten Herrn zu Sinn gewesen sein, denn als man sich von Breslau aus, wo damals eine neue Oper organisirt werden sollte, um einen Musikdirector verlegen, an Voglern wandte, stand dieser nicht an, seinen Zögling dahin zu empfehlen. Zwei Jahre lang stritt er dort, im jugendlichen Alter (er war 19 Jahre alt), wohl auch hier und da seine Stellung verkennend und das Maß des Gleichgewichts überschreitend, mit den althergebrachten Theater-Vorurtheilen der würdigen Stadt, brachte aber schließlich Opernvorstellungen zu Stande, die trotz des ihm oft gemachten Vorwurfs, daß er die Leitung der Bühne über der des Orchesters vernachlässige und oft allzu „neunzehnjährige“ Tempi nehme, von allen Parteien freudig anerkannt wurden und sein Verhältniß zum Publicum sicher zu stellen begannen. Eben war er mit der Composition der von seinem Freunde, dem Dramaturgen des Breslauer Theaters, Rhode, gedichteten Oper „Rübezahl“ beschäftigt, als ihn ein Trunk aus einer irrthümlich ergriffenen Medicinflasche an den Rand des Grabes brachte und lange an das Siechbett fesselte. Das Gerücht formte nach seiner Art geschäftig den bösen Zufall zu einem Attentate auf des jungen Meisters Leben um und brachte ihn dadurch in so unangenehme Beziehungen zu einflußreichen Personen, die für seine Gegner galten, daß seine Stellung in Breslau sehr schwierig zu werden begann und er frei aufathmete, als er von dem musikliebenden Prinzen Eugen von Würtemberg, der sich von seinem Mißgeschick auf dem Schlachtfelde (Verlust der Schlacht bei Halle etc.) in ländlicher Zurückgezogenheit im Verkehre mit den schönen Künsten erholen wollte, die Aufforderung erhielt, ihm das kleine Theater und die niedliche Capelle zu organisiren, durch die er seine Herrschaft Carlsruh in Schlesien zu einem Musensitze zu machen beabsichtigte. Weber folgte der Aufforderung freudig, schrieb eilends noch die großes Aufsehen machende (später umgearbeitete) Ouvertüre zu Schiller’s „Turandot“ und griff dann in Carlsruh praktisch und rüstig zu, so daß der Prinz sich bald entzückt vor einem hübschen Orchester und einer niedlichen Bühne sah, durch welche ihm die besten Musikwerke, die den Kräften des kleinen Instituts erreichbar waren, in höchst präciser, geistvoller Executirung vorgeführt wurden.

Für diese wahrhaften Genüsse dankbar, empfahl der Prinz, als der Krieg im Jahre 1807 die hübschen Carlsruher Kunstschöpfungen zerstörte und Weber, in Mitten eines Landes, das, von Kriegsunruhen überzogen, keinen Sinn für Kunst und Kunstleistungen hegen konnte, sich arm und ohne Subsistenzmittel sah, den jungen, vielseitig gebildeten Mann seinem Bruder, dem Prinzen Louis von Würtemberg, der ihm zwar keine künstlerische Stellung gewähren konnte, ihm aber bis auf bessere Zeiten die Stelle seines Geheimsecretairs anbot.

Nothgedrungen ging Weber darauf ein, und wir sehen ihn nun, zwei Jahre lang, deren Ausgang ein sehr trauriger für ihn sein sollte, die Wirthschaftsrechnungen des Prinzen revidiren, seine Bücher führen, seine Zahlungen anweisen und dem verschwenderischen

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verschiedene: Die Gartenlaube (1862). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1862, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1862)_093.jpg&oldid=- (Version vom 14.1.2020)