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verschiedene: Die Gartenlaube (1865)

z. B. seine Einnahmen und Ausgaben – gleich Schiller, wie dessen jetzt veröffentlichte Kalender beweisen – bis zu Heller und Pfennig regelmäßig aufschrieb, seine früher contrahirten Schulden bezahlte, und was dergleichen gemeine Verrichtungen mehr sein mögen, die manche große Geister mit Verachtung betrachten.

Das Leben Carl Maria von Webers von seiner Geburt bis zu dem Punkte, mit welchem der erste Band schließt, war ein Leben voller Unruhe, Mühen, Sorgen, Irrfahrten, Kränkungen, leidenschaftlicher Erregungen und – was nicht zu den geringsten Leiden der echten Künstler zählt – öfterer Zweifel an seinem Talent. Sie gehen in Folge der überaus lebendigen und anschaulichen Darstellung in den Leser über: er muß Alles mit durchleben, Alles mitempfinden. Der Autor hat aber mit weiser Absicht und großem Geschick den Stoff so geführt und geordnet, daß die Erzählung im ersten Bande mit zwei höchst erfreulichen Ereignissen schließt, mit der Lösung zweier Knoten, die, wie des Meisters bisheriges Dasein, so den theilnehmenden Leser spannten und beunruhigten. Die Verbindung mit seiner Auserwählten, der sich vielfache äußere und innere Hindernisse entgegenstellten, entscheidet sich, und seine bisher ungewisse und meist sorgenvolle Existenz wird durch die ehrenvolle Berufung zum königlich sächsischen Capellmeisier in Dresden für die ganze Zukunft gesichert. Dabei wird nun dem Leser so wohlig zu Muthe, als hätte er mit einem geliebten Freunde eine lange, gefahrvolle Fahrt auf stürmischem Meere bestanden und als wäre er nun mit ihm in den ruhigen Hafen eingelaufen, wo eine sichere Heimath und eine holde Gattin den Künstler-Odysseus empfangen und beglücken.

Wie aber in einem guten Roman der Eintritt einer glücklichen Schicksalswendung des Helden sich im Verfolg der Erzählung bald als eine trügerische erweist, ihm neue, stärkere Hindernisse und Gefahren entgegentreten, schwerere Verwickelungen ihn umschlingen, so auch stellt sich das Leben unseres Meisters im zweiten Bande keineswegs als ein ruhig behagliches heraus, empfingen ihn vielmehr fast vom ersten Tage seiner Ankunft in Dresden doch Kämpfe aller Art. Seine Anstellung war vielen höheren und geringeren Personen mißliebig. Die Kabale begrüßte ihn gleich bei seinem Eintritt in die Residenz und enthüllte dem ehrlichen Manne die ganze Schlüpfrigkeit des Bodens, auf den er hier trat, das häßlich Irisirende der Charaktere höchst einflußreicher Persönlichkeiten und die Natur der Mittel, die man anzuwenden entschlossen schien, um sein Wirken möglichst „unschädlich“ zu machen, in fast erschreckender Weise. Als „Capellmeister“ war er berufen worden; das Anstellungsrescript gab ihm nur den Titel „Musikdirector“. Man wollte ihn dem intricaten Italiener Morlachi unterordnen. Sie hatten sich indessen getäuscht. In dem kleinen, schwächlichen, unansehnlichen Körper wohnte ein starker Geist, und sie sollten bald sehen, daß sie es mit einem Manne zu thun hatten, mit dem man nicht spielen und spaßen konnte. Er wollte nach dieser Perfidie sogleich wieder abreisen. Durch den damaligen Intendanten Vitzthum, einen edlen Cavalier und wahren Freund Weber’s, wurde die Sache vermittelt, ihm der gebührende Titel und lebenslängliches Engagement zugesichert.

Wenn man daran denkt, wie der große, edle, geistvolle Carl August von Weimar seine Dichter ehrte, seinen Goethe wahrhaft brüderlich liebte und seinem stolzen hochadeligen Hofgesinde den Respect für jene gottbegabten Geister beizubringen verstand, und wenn man damit die Behandlung Webers seiten vieler hohen und höchsten Personen in Dresden vergleicht: so läßt sich kaum begreifen, wie so durchaus verschiedene Ansichten über Künstlerwerth zu derselben Zeit zwischen zwei Höfen, die so nahe Nachbarn waren, herrschen konnten.

Haben die wenigen Züge, welche wir aus dem Buche mitgetheilt, den Leser sicherlich schon nicht wenig interessirt, so dürfen wir nun mit vollster Ueberzeugung aussprechen, daß in den beiden sehr umfangreichen Bänden keine Seite vorkommt, über welche man mit einer gleichgültigen Empfindung hinüberschlüpfen könnte. Diese überall aushaltende, ja sich immer steigernde Anziehungskraft liegt aber einmal in der außerordentlichen Mannigfaltigkeit der vorüberziehenden Momente, sodann in der im Allgemeinen so lebendigen, geistreichen und anschaulichen Darstellung derselben. Jedenfalls bietet das Werk eine Lectüre, die nicht allein höchst interessant und belehrend für den Kunstjünger, den Kenner, den Musikfreund, sondern dies alles auch für jeden Gebildeten überhaupt ist.




Die Speisung der menschlichen Maschine.
Warum und Was wir essen müssen.

Wenn man ein Stück Eisen hämmert, so wird es heiß, wie jedes Kind weiß, und wer’s versteht, kann es durch Hammerschläge sogar schmiedbar, ja selbst glühend machen. Es weiß ferner jedes Kind, daß Wasser kochend wird, wenn man ein glühendes Eisen in dasselbe taucht, und daß der Wasserdampf Maschinen treibt. Was nun aber die allermeisten Erwachsenen nicht wissen dürften, ist, daß diese erhämmerte Wärme, wenn man durch dieselbe Wasser in Dampf verwandelt, gerade eine solche Menge Dampfes erzeugt, als zur Bewegung eines Hammers an einer Maschine hinreicht, der durch seine Schläge das Eisen wieder so warm macht, wie es vorher war. – Natürlich muß hier die Wärme mit eingerechnet werden, welche durch Abkühlung des Eisens an der Luft verloren geht, und der Theil der Kraft, welchen die Maschine durch die Reibung etc. verliert. Denn von der Kraft, welche eine Maschine in Bewegung setzt, verrichtet immer blos ein Theil wirklich Arbeit, während ein anderer bei der Bewegung der Maschine verloren geht. Man nennt jenen erstern Theil die arbeitende oder lebendige Kraft.

Was hat nun aber diese Schmiedegeschichte mit unserer Ernährungs- und Nahrungsmittelfrage zu schaffen? Sehr viel; sie soll uns nämlich den innigen Zusammenhang aller Naturerscheinungen, wo es auch sei, in der Werkstatt des Handwerkers, wie in der Werkstatt unseres eigenen Leibes, zeigen. Sie wird uns lehren, daß von einer vorhandenen Kraft, in welcher Form sie auch auftreten mag, ob als Wärme oder als arbeitende (lebendige) Kraft, keine Spur verloren geht. Wir haben gesehen, daß die lebendige Kraft einer Maschine, welche den Hammer in Bewegung setzte, im gehämmerten Eisen ein bestimmtes Maß Wärme erzeugt und daß diese so erzeugte Wärme wieder einen ebenso hohen Grad lebendiger Kraft zu entwickeln vermag, als zur Bewegung des Hammers nöthig ist. Wenden wir dies nun auf unsern Körper an. Bewegen wir den Arm, aber ohne einen Hammer in der Hand zu halten, in der Weise auf und ab, als ob wir hämmerten, so erzeugt sich in diesem Arme eine gewisse Menge Wärme, welche mit dem Thermometer gemessen werden kann. Nehmen wir nun aber einen Hammer in die Hand, hämmern wir etwa noch auf Eisen, lassen wir also unsern Arm wirklich Arbeit verrichten (lebendige Kraft entwickeln), so erwärmt sich unser Arm zwar auch, aber bei Weitem nicht so stark, als vorher, wo er sich ohne Hammer bewegte. Während also beim alleinigen Bewegen des Armes alle Kraft nur in Wärme umgewandelt wurde, so setzte sich beim Hämmern ein Theil dieser Wärme in arbeitende Kraft um und es mußte deshalb ein geringerer Theil Wärme im Arme zurückbleiben. Man vergesse hierbei nun aber nicht, daß wir bei unserer Hämmerei nur vom arbeitenden Arme sprechen. Daß unser ganzer Körper bei anstrengender Armarbeit warm wird und schwitzt, liegt darin, daß bei einer solchen Arbeit niemals blos der Arm, sondern auch noch viele andere Muskelgruppen, welche dem Körper den zum Hämmern nöthigen Halt verleihen, angestrengt werden. – Wie nun die Wärme entsteht, welche in lebendige Kraft umgesetzt wird, ob durch Schlag, durch Reibung oder durch chemische Vorgänge, ist ganz gleichgültig. Die Hauptsache bleibt, daß das Gesetz von der Erhaltung der Kraft allenthalben seine Geltung behält.

Im menschlichen Körper wird die lebendige Kraft und zugleich auch die Wärme, denn der Körper muß beide hervorbringen, lediglich durch chemische Vorgänge erzeugt, welche in den Geweben unseres Körpers, wie in den Muskeln und Nerven, im Blute etc., vor sich gehen. Selbst der ruhende Körper befindet sich in fortwährender Thätigkeit; denn das Herz steht nicht still, die Brust

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verschiedene: Die Gartenlaube (1865). Ernst Keil, Leipzig 1865, Seite 206. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1865)_206.jpg&oldid=- (Version vom 13.9.2022)