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verschiedene: Die Gartenlaube (1867)

Blätter und Blüthen.


Das Berliner Aquarium, ein auf die besten wissenschaftlichen und financiellen Grundlagen gestelltes Unternehmen einer Commanditgesellschaft mit zweihunderttausend Thalern Capital in Actien zu zweihundert Thalern, wächst mitten aus unruhigen Zeiten sicher und kräftig zu dem größten und glänzendsten lebendigen Museum der bis jetzt meistentheils noch unbekannten thierischen und pflanzlichen Gebilde der Wüsten und Wildnisse, der süßen und salzigen Wasser, der Sümpfe und Urwälder, der Tiefe und der Nacht empor zum hellen, lichten Tage und wird auch nach Sonnenuntergang, mitten im schönsten Stadttheile, der Million Menschen, die sich in der norddeutschen Hauptstadt aus der nächsten Umgegend und durch die sechs großen Eisenbahnen auch aus der Ferne fortwährend zusammendrängen, alle Tage bis tief in die Nacht hinein geöffnet sein. Es wird also nicht nur viel größer, als die Aquarien in London, Paris, Hamburg etc. zusammengenommen, sondern auch in naturwissenschaftlicher Beziehung viel umfangreicher, da es sich durchaus nicht auf die Wunder der Tiefe im Wasser beschränken, sondern auch die noch ziemlich geheimnißvollen amphibischen Creaturen und besonders die noch wenig beobachteten Raubritter der Nacht in seinen Kreis aufnehmen und in der schönsten künstlichen Beleuchtung allgemeiner Kenntniß und Offenbarung zugänglich machen wird. Wir sehen also nicht blos in malerischen Neptunsgrotten trockenen Fußes vom Meeresgrunde aus alle Arten von Fischen, Thierpflanzen und Pflanzenthiere, Ritter des Meeres in Harnischen und in Thürmen mit ihrem herrlichen Farben- und Formenspiel, Kopffüßler wie Tintenfische und fabelhafte Kraken, Süßwasser- und Meerschnecken, Muschel- und Weichthiere, strahlenförmige Geschöpfe, Helothurien, Seeigel und Meeressterne, die wunderbaren Baumeister der Korallenriffe und oberhalb des Wassers schön befittigte Insecten, die als Larven im Wasser lebten, Kerb- und Krustenthiere aller Art, sondern auch in einer künstlichen, trockenen Heimath Nacht- und Ohrenaffen, fliegende Hunde, fliegende Eichhörnchen, Flugbeutelthiere, Wiesel und Nörze, Springmäuse und andere nur des Nachts thätige und muntere Säugethiere, deren Lebensweise und Charakter selbst viele Naturforscher noch nicht aus eigener Anschauung kennen. Ebenso Reptilien und Amphibien, besonders aber in einer eigenen großen Abtheilung die Giftpflanzen, welche nur des Nachts aufleben und ihrem Geschäfte, ihrer Nahrung nachgehen. Ueber allerhand kriechendem, laufendem und springendem Gethier erwachen mit eintretender Nacht und künstlicher, mondscheinartiger Beleuchtung kleine, zierliche Eulen, welche vor unseren Augen die flinksten Springmäuse fangen und verzehren.

Prachtvoll geformte und gefärbte Eisvögel lauern von Meeresklippen aus auf harmlose Fische, stürzen sich in’s Wasser und kommen mit einem glänzenden, beschuppten Thiere wieder heraus. Strand- und Wasserläufer, kleine Steißfüßler, verschiedene Sumpf- und Wasservögel beleben die Ufer und künstliche Inseln, im Vordergrunde von malerischen Tropfsteingrotten, welche, von unsichtbaren Lampen beleuchtet, sich in geheimnißvolle Tiefen verlieren und mächtig die Phantasie erregen, wenn das leibliche Auge nicht weiter vordringen kann. Dieser beispiellos reiche Inhalt sieht vielleicht jetzt noch ziemlich fabelhaft aus, aber unsere zoologische Autorität Dr. Alfred Brehm, der Wortmaler des „Illustrirten Thierlebens“, der wissenschaftliche und poetische Sänger des „Lebens der Vögel“, hat in seiner tüchtigen Hand und seiner reichen Erfahrung bereits den Zauberstab, womit er alle diese Herrlichkeiten herbeirufen und in wissenschaftlicher und malerischer Ordnung ansiedeln kann. Unsere Leser und Leserinnen kennen ihn ja ohnehin schon aus der Gartenlaube ziemlich genau. Seine allgemein anerkannte Capacität wird durch solides und reichliches Capital kräftig unterstützt, so daß wir nicht die geringste Ursache haben, an dem Gelingen und glänzenden Gedeihen des großartig angelegten Unternehmens zu zweifeln. Es trat gerade zum ersten Male vor das Publicum, als die Luxemburgerei ganz Europa mit ernstlichen Kriegsbefürchtungen erschreckte und alle Capitalisten mit ihren Schätzen sich scheu zurückzuziehen suchten; aber dessenungeachtet wurden gleich während dieser ersten Wochen bei den Bankiers der Aquariumsgesellschaft, Rauff und Knorr, Oranienburgerstraße 62, und Eichhorn, Wilhelmstraße 57, zu Berlin über achtzigtausend Thaler gezeichnet und zwar mit sofortiger Deponirung von zehn Procent. Und als die elektrischen Telegraphen Friedensversicherungen von Börse zu Börse zuckten, mehrten sich die Zeichnungssummen, mit jedem Tage zunehmend, so daß gewiß schon in nächster Zeit die Unternehmer vor dem Handelsgericht erscheinen und die ganze Summe nachweisen können, um dann sofort frisch und kräftig an Ausführung des großen, schönen naturwissenschaftlichen Culturtempels zu gehen. Ein ausgezeichneter Baumeister und ein phantasiereicher Maler haben schon tüchtige Vorarbeiten geliefert, und die wissenschaftliche Seele desselben, Dr. Brehm, steht mit den besten Bezugsquellen für die Bewohner des Tempels nach allen Richtungen der Windrose hin in Verbindung. Außerdem hat er einen besonderen Behälter erfunden, um die verschiedenen Thiere auf der Reise vor Gefahren zu schützen. Somit läßt sich sicher hoffen, daß das Berliner Aquarium das größte und bedeutendste der Welt und durch seine innere und äußere Einrichtung ein Anziehungspunkt für alle gebildeten Menschen werden wird.




Deutschland in England. Bekanntlich erscheint bei B. Tauchnitz in Leipzig bereits seit vielen Jahren eine Sammlung englischer und amerikanischer Autoren, die wegen ihrer Billigkeit und guten Ausstattung sehr beliebt und unter dem Namen „Tauchnitz-Edition“ allgemein bekannt ist. Der Verleger hat neuerdings auch deutsche Autoren in guten Uebersetzungen der Sammlung eingereiht und mit Auerbach’s letztem Roman: „Auf der Höhe“ begonnen. Heute können wir unsern Lesern die angenehme Mittheilung machen, daß demnächst schon noch einige andere Werke deutscher Dichter folgen werden. Fritz Reuter’s „Aus der Franzosenzeit“ ist in einer trefflichen Uebersetzung von Lewes unter dem Titel: „In the Year 13“ bereits in der Presse. Darauf folgen Goethe’s Faust in der Uebersetzung von Dr. Aurtes, ein Band Paul Heyse, ein Band Zschokke, ein Band Lessing, Fouqué etc. etc.




Kleiner Briefkasten.

R. V. in W. Marlitt’s neue Erzählung „Das Geheimniß der alten Mamsell“ beginnt mit nächster Nummer.

K. S. in München. Sie haben mit Verstand gelesen und den Artikel ganz richtig aufgefaßt. Die Personen – ob sie auf der rechten oder linken Seite stehen – sind Nebensache, wenn nur der große Zweck: die Einheit und Größe des Vaterlandes, um etwas gefördert wird. Mit Recht wurde neulich in einer österreichischen Zeitschrift daran erinnert, daß Phidias, um die Größe des Zeus sichtbar zu machen, den Mächtigen sitzend darstellte, so daß er die Decke des Tempels fast mit dem Scheitel berührte und es jedem Beschauer klar würde, der Gott müsse das Gebäude sprengen, wenn er sich erhebe. Diesem Zeusbilde gleicht der deutsche Riese, den die Geschichte bisher nur in gebeugter Lage sah und der sofort das Staatsgebäude Europa sprengt, wenn er sich erhebt. Er sprengt es aber nur, wenn er aller seiner Glieder mächtig, wenn er ein geschlossenes Ganze ist. Deshalb müssen wir die Energie des Staatsmannes anerkennen, die es verstand, den Riesen zu schaffen und ein Stück deutsche Einheit aufzubauen, wie sie die Geschichte unseres Vaterlandes nur einmal in ihren Büchern verzeichnet hat. Der Fluch der Lächerlichkeit dem Auslande gegenüber ist von uns genommen und einer Anerkennung gewichen, wie sie zur Stunde nur noch dem Sternenbanner Amerikas gezollt wird. Wenn auch nur einen Schritt näher dem Ziele, wir müssen ihn thun, selbst wenn diese Einheit drückend und ungenügend wäre, wie es augenblicklich noch der Fall ist, und trotzdem ein politischer Gegner sie geschaffen hat. Freilich eine Einheit ohne Freiheit ist ein Unding, ein Leichnam, dem der belebende Athem, eine tönende Schelle, welcher der Inhalt fehlt. Die politischen Gnadenacte eines Czaren oder Cäsaren können nicht das Ziel unserer politischen Ideale sein, die vor Allem das volle Mitwirken des Volkes verlangen – des Volkes, das vor Jahresfrist wiederum in vielen Schlachten geblutet und zum Dank dafür nicht mit einer Beschränkung seiner Freiheitsrechte belohnt werden kann.

Deshalb – und der Mensch wächst ja mit seinen Zwecken – ist es vor Allem Pflicht eines jeden echten Patrioten, jetzt, wo die Einheit gesichert, den Fortbau der Freiheit wieder in kräftigster Weise zu beginnen und zu fördern, Jeder in seinen Kreisen und in seiner Weise, nur tüchtig und aufrichtig. Daß dabei die Gartenlaube nicht fehlen wird, wie Sie hoffen – und wir danken Ihnen für das Vertrauen – brauchen wir nicht besonders zu betonen.

Consul G. in W. P. Die in Ihrer Zuschrift vom 21. April erwähnte Geldsendung ist bei der Redaction nicht eingegangen.




Freiligrath-Dotation.


Bei dem Barmener Comité sind angemeldet: F. B. in Barmen 50 Thlr., Fritz R. das. 50 Thlr., C. G. das. 10 Thlr., F. F. das. 10 Thlr., Ed. S. das. 15 Thlr., J. S. das. 50 Thlr., L. E. das. 10 Thlr.

Bei der Redaction der Gartenlaube gingen wieder ein: Bruder B. in Wien 2 Thlr., dem freien Manne, von noch immer deutschen Oesterreichern in Mödling bei Wien 10 fl., Liedertafel Concordia in Wesel 5 Thlr., Karl Müller in Alsfeld 5 Thlr., E. Schneider in Torgau 3 Thlr., N…… in Chemnitz 1 Thlr., Molly in Leipzig 5 Thlr., A. Apel in Hamburg 10 Thlr., Liedertafel in Elbing 15 Thlr., erster Betrag der Sammlung der in Weimar erscheinenden Zeitung „Deutschland“ 11 Thlr., eine Wienerin und ihr Bruder 3 fl., Lesekränzchen in Oels 5 Thlr. 15 Ngr., Sammlung der Seminaristen in Plauen i. V. 15 Thlr., 1 Thlr. mit den Worten:

Dem Dichter gilt es, dem verbannten,
Geprüften eine Gab’ zu weih’n;
Ein Scherflein sei ihm zugestanden,
Für mehr ist meine Hab’ zu klein.

Wenn so wie ich nur sich verbände
Zu dieser nationalen That,
Wer je ‘nen Vers gemacht, da fände
Sich zu Millionen – freilich Rath.




Inhalt: Aus dem Merkbuche der Gartenlaube. Von Jacob Grimm. – Vater und Sohn. Aus dem Tagebuche eines Arztes. Von Max Ring. – Die Vorlesung eines weiblichen Doctors in London. Von Karl Blind. Mit Portrait. – Der Rauchmaler. Ein Bild aus dem Münchener Künstlerleben. – Im Frieden des Sabbathlichtes. Aus den vier Wänden des jüdischen Familienlebens. Von A. F–l. Mit Illustrationen. – Blätter und Blüthen: Das Berliner Aquarium. – Deutschland in England. – Kleiner Briefkasten. – Freiligrath-Dotation.




Die Deutschen Blätter, Literarisch-politische Feuilleton-Beilage zur Gartenlaube, Nr. 19 enthalten: Dem Cäsar. Gedicht von Rudolf Gottschall. – Englands Todsünde. – Umschau: Ahnungen vom Völkerfrieden. – Aufschlüsse über die Kugelspritze. – Lessing bei den Amerikanern. – Auch ein Heiliger. – Vom österreichischen Zersetzungsproceß. – Methusalem unter den Malern. – Das schreiblustige Wien. – Die Cultur der Aquarien. – Die Deutschen in Paris. – Wie oft hat Jeder gesprochen?



Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1867). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1867, Seite 320. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1867)_320.jpg&oldid=- (Version vom 13.3.2017)