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verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

verloren geht. Wandgemälde sind ein so unbedingtes Erfordernis; für den Abschluß dieses Bauwerkes, daß es, so lange sie fehlen, Jedem als etwas Unfertiges erscheinen wird.

Die Bilder im kleinen Saale, von A. Schmitz in Düsseldorf gemalt, gehören zu dem Bedeutendsten der Art, was in unserer Zeit geschaffen wurde, und man muß bedauern, daß der beste Holzschnitt nur eine Andeutung der Schönheit eines solchen Bildes zu geben vermag. In dem Hauptbilde, welches sich bis auf die linke Seitenwand herüber zieht, mit so geschickter Benutzung der Zimmerecke, daß dieselbe sogar als Nothwendigkeit erscheint, ist die Einzugsfeier der Prinzessin Isabella, die, dem Kaiser Friedrich dem Zweiten als Braut bestimmt, der Stadt Köln zur Obhut übergeben wurde, dargestellt.

Das zweite Bild hat einen auch aus dem Sagenkreis der Stadt Köln gewählten Stoff zum Gegenstände, den sogenannten „Holzfahrttag“.

Zur Zeit des römischen Imperators Vespasianus wurde Köln von einem der Gegenkaiser belagert und durch Mangel an Lebensmitteln auf das Aeußerste gebracht. Man war schon nahe daran, sich zu übergeben, als ein glücklicher Einfall des Marsilius die Stadt rettete. Die Frauen mußten mit Karren und Geräth, als wollten sie Holz holen, zu einem Thore hinausziehen, und als dann, wie erwartet, die Feinde ihr Lager verließen, um sie zu fangen, fielen ihnen die Kölner in den Rücken und besiegten sie. Dieser Tag ist von den Kölnern unter dem Namen „Holzfahrttag“ alljährlich am Donnerstag nach Pfingsten bis auf die neueste Zeit gefeiert worden.

Der über den Hauptbildern hinlaufende Kinderfries ist im Zusammenhang mit dem Isabellenzug gedacht, enthält aber auch zugleich Beziehungen zu dem praktischen Zwecke des Saales, in welchem Vorlesungen, Concerte, Hochzeiten etc. abgehalten werden, und so umfassen die drei Felder der zweiten Hauptwand eine Darstellung des Mummenschanzes, welcher in natürlicher Folge sich bis zum ausgesprochenen Katzenjammer entwickelt. Das letztvollendete Bild, darum das noch am wenigsten gekannte, ist das, welches unsere Illustration wiedergiebt. Es stellt die Johannisfeier dar, wie sie Petrarca in einem Reisebericht beschreibt, welchen uns Karl Simrock mitgetheilt. „Das ganze Ufer,“ schreibt er, „war mit einer herrlichen Schaar von Frauen und Jungfrauen bedeckt, und der Sänger ,Laura’s’ erstaunte über ihre Schönheit. Ein Theil war mit wohlriechenden Ranken umgürtet, und mit zurückgestreiftem Gewande wuschen sie die weißen Arme und Hände im Flusse, wobei sie wohllautende Sprüche wechselten.“ Es war dieses Waschen ein uralter Gebrauch der Frauen, welche glaubten, alles im ganzen Jahre bevorstehende Elend dadurch wegzuspülen, so daß sie hofften, von den kommenden Tagen nur Frohes erwarten zu dürfen.

Wir müssen wiederholen, es ist zu beklagen, daß die Vollendung dieses Wandschmuckes so lange auf sich warten läßt.






Aus Ungarns Räuberleben.

Von Daniel von Kiiszony.
II.
Treue von Sóbri’s Adjutanten. – Sóbri und sein Jäger. – Rósza Sándor und seine Bande. - Der schöne Räuber - Kaspar Noszlopy - Kossuth und die Betyáren.


Im Sommer des Jahres 1837 wurde Sóbri’s Adjutant Franz Milfait, nachdem er in einem Gefechte gegen die Panduren eine schwere Fußwunde erhalten und sich einige Zeit in einem Bauerngehöfte des Bakonyer Waldes verborgen hatte, durch Verrath einer Dirne gefangen und kam unter das Standrecht. Man befrug ihn über Sóbri und wollte ihn bereden, dessen Aufenthaltsort anzugeben, doch Milfait verweigerte es.

„Ich helfe mir dabei doch nicht,“ sagte er den Standrechtsrichtern, „man wird mich jedenfalls hängen, und Sóbri war mir ein zu guter Herr und Freund, als daß ich ihn verriethe. Zudem würde es Ihnen auch wenig nützen; ihn bekommen Sie doch nicht, er hat die Bande verlassen, als er erfuhr, daß man mich gefangen habe, er versprach mir, dies zu thun. Wenn Sie ihn auch je kriegen sollten, thun Sie ihm doch nichts, denn Sóbri ist der Sohn eines großen Herrn.“

Diese Worte Milfait’s wurden, wie seine ganze Aussage, zu Protokoll genommen und die Actenstücke darüber befinden sich noch jetzt im Archiv des Veszprimer Comitates, wo die Hinrichtung Milfait’s stattfand.

Es ist gewiß, daß nach Milfait’s Hinrichtung die Räubereien, obschon sie nicht ganz aufhörten, dennoch abnahmen, auch waren sie nicht so geschickt entworfen und ausgeführt, wie früher. Die Räuber wurden immer mehr auf ein engeres Terrain gedrängt und endlich im Februar des Jahres 1838 im Walde von Szekesö im Tolnaer Comitate von den kaiserlichen Uhlanen angegriffen und theils niedergemacht, theils gefangen genommen. Einer der Räuber, als er sah, daß kein Ausweg zum Entkommen sei, erschoß sich, so daß sein Gesicht ganz unkenntlich wurde; diesen hielten Viele für Sóbri, er war es aber nicht, sondern einer seiner Bande und zwar Pap Andor, obschon die Aussagen der gefangenen Räuber sich in dieser Beziehung widersprachen. So viel ist gewiß, daß weder Sóbri noch Pap Andor lebendig gefangen wurde, und da der Letztere niemals wieder zum Vorschein kam, so ist die Annahme, daß Sóbri die Bande gleich nach der Gefangennahme Milfait’s verlassen habe, die richtigere.

Ein weiterer Beleg hierzu ist der Umstand, daß der junge Graf, von dem sein Vater über ein Jahr nichts gehört, im Augustmonate in einem Badeorte, einem Besitz seines Vaters, plötzlich erschien; er kam dort mit zwei glänzenden Equipagen und drei wunderschönen Reitpferden au. Als sich sein Vater wunderte, wo sein Sohn dies Alles und noch achtzigtausend Gulden in Banknoten, die er ihm vorwies, nebenbei auch sehr kostbare Ringe, Uhren, Uhrketten etc. hergenommen habe, sagte der junge Graf lachend: „Dort her, wo der König sein Land.“

Im Jahre 1841 befand sich der junge Graf in Pest. Er lebte flott, machte Schulden, hatte eine Equipage, Reitpferde und war mit allen Cavalieren sehr intim, denn das Gerücht, er und Sóbri seien eine und dieselbe Person gewesen, wurde durch andere neuere verdrängt; man hielt ihn sogar nicht für energisch genug, um Stückchen, wie sie Sóbri begangen hatte, auszuführen. Er selbst aber strafte diese Gerüchte Lügen.

Ich befand mich in jener Zeit ebenfalls in Pest. Ein ehemaliger Jäger, der auch bei mir gedient hatte, bat mich, ihn Jemandem, der ihn in Dienst nehmen würde, zu empfehlen. Ich sagte ihm, er möge zum Grafen Joseph L… gehen; dieser suche, wie ich vernommen, einen Jäger. Der Bursche ging dahin und trat bei ihm in den Dienst. Ich begegnete ihm einige Zeit später und fragte ihn, ob er mit seinem Dienste zufrieden sei.

„Es mag hingehen; wenn er Geld hat, geht es einem gut, wenn nicht, dann hungert man. O, ich kenne ihn schon seit lange her, noch aus jener Zeit, als er Sóbri hieß und sich im Bakonyer Walde und in den Vérteser Gebirgen herumtrieb. Damals begegnete ich ihm einmal, er fand Gefallen an mir, denn ich that in seiner Gegenwart ein paar gute Schüsse; er wollte mich bereden, in seine Bande einzutreten, ich wollte es jedoch nicht, ich hatte keine Lust zum abenteuerlichen Leben, wo man am Ende doch gehangen wird. Jetzt ist’s etwas Anderes, jetzt ist er wieder Graf, obschon nicht so bei Casse, wie damals.“

„Sollte denn dies wirklich wahr sein?“ fragte ich ungläubig.

„Es ist so gewiß, wie das Amen im Gebet. Er beschenkte mich damals mit einem aus Lindenholz geschnitzten Trinkbecher, den ich noch gegenwärtig besitze.“

„Und es genirt ihn nicht, Dich bei sich zu halten, der Du ihn als Räuber gekannt hast?“

„Er nahm mich blos deswegen auf, verbot es mir aber, Jemandem darüber etwas zu sagen, daß ich ihn zu Devecser schon gesehen habe, denn dort war es, wo ich ihn als Hauptmann der Szegény legények (wörtlich: arme Kerle; diese Benennung führen die Bakonyer Räuber) antraf. Ich habe es auch Niemandem außer Ihnen gesagt, gnädiger Herr, und Sie werden mich sicherlich nicht verrathen. Ich werde es jedoch nicht lange bei ihm aushalten, entweder ich gehe ihm oder er geht mir durch.“

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil’s Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 398. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_398.jpg&oldid=- (Version vom 20.8.2021)