Seite:Die Gartenlaube (1868) 623.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
verschiedene: Die Gartenlaube (1868)

und fünfzig Personen können gleichzeitig in erster Reihe, zwölf- bis dreizehnhundert überhaupt zu gleicher Zeit ihre Schaulust befriedigen, ohne sich gegenseitig zu behindern. Dem Gedränge ist dadurch vorgebeugt worden, daß der Beschauer immer vorwärts geht, niemals zurückkehrt; zudem sind alle Gänge für das Publicum in einer Breite von zehn Fuß angelegt worden, welche auch einem sehr starken Andrange genügt.

Soviel zunächst über den Bau als solchen; die einzelnen Abtheilungen und ihre Bewohner müssen späterer Schilderung vorbehalten bleiben.

Brehm.


Blätter und Blüthen.

Die zwei Todfeinde des menschlichen Auges. „Aber Herr Doctor, soll es denn wirklich wahr sein und mein armes Kind sein Lebelang blind bleiben müssen? O ich Unglückliche! Wer hätte das geahnt!“ – Wie oft hört der mehr beschäftigte Augenarzt diesen Schmerzensschrei einer Mutter, die wegen ihres acht- oder vierzehntägigen Kindes nach langem Zögern endlich ärztlichen Rath nachsucht, nachdem Hebammen, Muhmen, Tanten und andere verständige Frauen und wer sonst noch Lust hatte, der Reihe nach, und zwar Jeder ein besonderes Mittelchen angegeben, welche die Mutter auch alle getreulich angewendet hat! Nun kommt die geängstigte Mutter, da alle die guten Mittelchen nicht anschlagen wollen, zum Arzt. Aber die Zeit, in der noch wirksame Hülfe gebracht werden konnte, ist meist verstrichen, das Augenübel bereits so weit vorgeschritten, daß eine Rettung des Auges nicht mehr zu hoffen, oder das Auge überhaupt schon ausgelaufen. Darum merkt es euch, ihr jungen Mütter: es tritt häufig in den ersten Lebenstagen des Kindes – gewöhnlich am dritten oder vierten Tage beginnend – eine Entzündung des Auges ein, gegen welche, soll sie nicht gefahrdrohend werden, sofort energisch vorgegangen werden muß.

Der Sitz der Krankheit ist zunächst die Augenbindehaut, und sie kündigt sich durch Röthung und Schwellung der Augenlider an. Diese Schwellung ist nur bei den niedersten Graden weniger beträchtlich, in der Regel wird sie sehr bedeutend. Die Lider erscheinen dabei hart und gespannt, oberflächlich glänzend, heiß und überaus empfindlich gegen Berührung. Namentlich das obere Lid ist stark geschwollen, so daß es das untere überragt und oft ganz verdeckt. Nach kurzer Zeit wird Eiter in großer Menge abgesondert, der sich fortwährend aus dem Bindehautsack entleert und über die Wangen herabrinnt. Bei Eröffnung der Lider stürzt eine größere Menge auf einmal hervor.

Treten diese Krankheitserscheinungen auf, so wendet Euch sofort an einen verständigen Arzt, denn noch sind edlere Theile des Auges nicht mit ergriffen und der Arzt kann sichere Heilung versprechen. Bis zu seinem Erscheinen schütze man das Auge vor zu grellem Licht, sorge für reine Luft, für stete Reinhaltung des Körpers des Kindes, sowie der Hände der Pflegerinnen, suche mit einem weichen, lauwarm angefeuchteten Schwamme den Eiter aus dem Bindehautsack des Auges von Stunde zu Stunde vorsichtig zu entfernen und lasse sich durch das Schreien des Kindes davon nicht abhalten. Man bedenke, die Vernachlässigung dieser Krankheit liefert das Hauptcontingent aller Blinden.

Noch rapider, aber glücklicher Weise nicht so häufig auftretend zerstört das Sehvermögen eine andere Krankheitsform, wenn sie nicht sofort zur ärztlichen Behandlung gelangt – die sogenannte gichtische Augenentzündung oder der grüne Staar. Noch vor Kurzem führte sie unrettbar zur Blindheit; daß jetzt Tausenden von Patienten das Augenlicht erhalten bleibt, ist das unsterbliche Verdienst Gräfe’s. Und doch gehen auch jetzt noch alljährlich aus Unachtsamkeit so viele Augen dieser Wohlthat verlustig! Es trifft dies namentlich Patienten vom Lande und von kleinen Städten, die sich vom althergebrachten Vorurtheile, „mit dem Auge dürfe man nichts anfangen,“ noch nicht lossagen können und zum Arzte erst kommen, wenn alle Hoffnung vorbei ist.

Dennoch sind die Erscheinungen des grünen Staares so charakteristische, daß sie auch dem Laien verständlich sein müssen. Meist in einer schlaflosen Nacht werden die Patienten von heftigen Schmerzen im Kopfe und an der Schläfegegend des befallenen Auges ergriffen. Das Auge erscheint geröthet, die Pupille erweitert, starr. In kurzer Zeit ist das Sehvermögen entweder erloschen oder doch so bedeutend herabgesetzt, daß nur noch größere Gegenstände wahrgenommen werden können.

Zwar hellt sich in einzelnen Fällen das Sehvermögen nach einigen Stunden wieder auf, aber bald darauf erneuern sich die Schmerzen in Kopf, Schläfen und Stirn, das Sehvermögen nimmt wieder ab, und wird jetzt nicht noch rechtzeitig ärztliche Hülfe nachgesucht, so tritt unheilbare Blindheit ein – oft schon nach vierundzwanzig Stunden.

Es ist dies die acute Form des grünen Staares; es giebt aber noch eine chronische, in der das Auge erst nach Monaten oder Jahren zerstört wird. Bei dieser treten die Anfälle periodisch auf, und nach jedem derselben wird das Sehvermögen geschwächt. Die Pupille wird gleich anfangs weiter und reagirt sehr träge auf Lichtreiz; später erscheint auffällige Erweiterung und Starrheit, welche einen eigenthümlichen graugrünlichen (meergrünen) Reflex des Augengrundes bedingt, woher auch der Name „grüne Staar“ kommt. Bei gewöhnlichem Tageslicht lagert sich ein mehr oder weniger dichter Nebel über das Gesichtsfeld und Abends – ein sehr beachtenswerthes Symptom – erscheint die Kerzenflamme von einem Lichtscheine umgeben, der oft in Regenbogenfarben spielt und zwar so, daß an der äußeren Seite das Grünblau, an der inneren das Roth vorherrscht. – Nach und nach nimmt das Sehvermögen immer mehr ab, bis endlich völlige, unrettbare Erblindung eintritt.

Darum achte man auf obige Erscheinungen und suche rechtzeitig Hülfe, denn je länger man wartet, desto ungünstiger ist der dann noch zu hoffende Erfolg. Später sind Thränen und Gebete vergeblich: Eure geistige Blindheit hat auch die körperliche herbeigeführt.

Dr. Korn in Breslau.


Frauen-Emancipation. Der Drang nach sogenannter Emancipation scheint bei dem „schönen Geschlecht“ von Tag zu Tag stärker zu werden. Aller Orten und Enden bilden sich Gesellschaften, um diese „wichtigste aller Fragen“ zu besprechen; Vereine werden von Damen gegründet und Reden gehalten, und in vielen solchen Versammlungen, auf dieser wie der andern Seite des atlantischen Oceans, verlangen die schönen Rednerinnen völlige Gleichberechtigung mit den Männern, Zutritt zu Staatsämtern, das Recht der Wahl, kurz alles das, was sich bis jetzt der „Herr der Schöpfung“ als alleinige Gerechtsame vorbehalten. Ich will hier gar nicht von der physischen Unmöglichkeit reden, eine solche Maßregel durchzuführen, da verheirathete Frauen oft auf lange Zeit hinaus allen übernommenen Geschäften entzogen werden würden; ich möchte die emancipationseifrigen Damen nur auf etwas aufmerksam machen, an das vielleicht doch nicht alle gedacht haben, und es fragt sich, ob sie im Vortheil wären, wenn sie gerade das gegen ihre Emancipation eintauschten. Lassen Sie mich vorher eine ganz kleine Anekdote erzählen:

Wie bekannt, sind die Amerikaner außerordentlich rücksichtsvoll gegen Damen. In einer größeren Stadt der Vereinigten Staaten war eine Versammlung von Damen angekündigt worden, um einen Verein für die Emancipation zu gründen. Der Waggon der Straßeneisenbahn, die zu diesem Local führte, war vollständig besetzt. Eine Dame will noch mitfahren und steigt ein. Ein schon sitzender Herr steht, wie gewöhnlich, auf, um der Dame seinen Platz anzubieten; ehe sie aber an ihm vorüber kam, fragt er sie sehr artig, ob sie ebenfalls für die Emancipation der Frauen wäre.

„Allerdings, mein Herr,“ erwidert sehr entschieden die junge und hübsche Dame.

„Dann, Miß,“ erwiderte der Herr ruhig, indem er seinen kaum verlassenen Sitz wieder einnahm, „sehe ich nicht ein, weshalb Sie nicht eben so gut stehen können, wie ich.“

Meine schönen Leserinnen werden jetzt sagen: „Das war sehr grob und ungezogen,“ und unter gewöhnlichen Verhältnissen hätten sie Recht. Lassen Sie uns aber die Sache genauer betrachten. Der Mann ist der natürliche Beschützer der Frau. Wie ihm die Stärke gegeben wurde, so hält er das schwächere Weib mit seinem Arm und kämpft für dasselbe des Schicksals Stürme durch. Aber gerade deshalb liebt er es nur desto mehr. Jene holde Weiblichkeit bildet den schönsten und herrlichsten Schmuck der Frau. Als sorgende Gattin und Mutter verehren wir sie und tragen wir sie auf Händen. Der Mann, von schwerer Tagesarbeit ermüdet, findet, wann er nach Hause kommt, eine freundliche Heimath und schöpft da Kraft und Lust zu neuen Anstrengungen. Was er der Frau an den Augen absehen kann, thut er, um ihr die Liebe und Sorge, die sie für ihn und seine Kinder zeigt, nur in etwas abzutragen. Und nicht allein unter dem Schutz des eigenen, nein, unter dem jedes wackeren Mannes steht die Frau. Auf den Eisenbahnen werden besondere Waggons für sie reservirt, andere ebenfalls, damit sie nicht durch Rauchen belästigt sind, kleine Hülfsleistungen werden ihnen gern geboten, man läßt sie nicht allein in der Nacht über dunkle Straßen gehen und thut mit einem Wort Alles, was man kann, um sie nicht belästigt, nicht zurückgesetzt zu sehen. Das aber hört von dem Moment an auf, wo sie aus dem Schutz des Mannes heraustritt und sich selber gleichberechtigt ihm an die Seite oder vielmehr gegenüber stellt. Eine emancipirte Frau kann wohl noch auf Achtung Anspruch machen, aber nur auf eine solche, wie sie auch sonst jedem anständig sich betragenden Mann gezollt wird, vorausgesetzt nämlich, daß sie nicht vollständig ausartet. Artigkeiten und Hülfsleistungen, wie man sie jetzt mit Vergnügen jeder Dame darbringt, kann und darf sie nicht mehr erwarten. Sie waren nur eine Folge ihrer geschützten und reservirten Stellung und fallen in demselben Moment weg, wo sie diese verläßt.

Jetzt setzen wir Alles daran, den Frauen irgend eine Freude zu bereiten, weil sie ja eben auf uns angewiesen sind. Das hört auf, sobald die Frau nicht mehr für uns, sondern mit uns sorgt und arbeitet. Sie wird dann dem Manne ein gleichberechtigter Freund – nichts mehr, und jeder Schutz selbst, den ihr sogar jetzt in vielen Fällen und vorzugsweise die Gesetze gewähren, muß ebenfalls schwinden.

Wollen die Damen das Alles aufgeben, wollen sie die Liebe und Sorgfalt des Mannes gegen eine für sie unnatürliche Stellung gänzlicher Unabhängigkeit eintauschen, immer noch den sehr zweifelhaften Fall gesetzt, daß sie eine solche Stellung auch ausfüllen und besonders durchführen könnten: dann mögen sie ihr Glück versuchen – aber die Folgen haben sie sich auch selber zuzuschreiben. Schiller’s „Ehret die Frauen“ paßt nicht mehr auf sie, und ich fürchte, sie werden mehr dabei verlieren als gewinnen.

Fr. Gerstäcker.


Die Körnerhalle in Wöbbelin. Als im Jahre 1863 am Todestage unseres Heldensängers gleichsam ganz Deutschland nach seinem Grabe in Wöbbelin zog, um die fünfzigjährige Gedenkfeier der Befreiung Deutschlands hier in voller Begeisterung zu halten, da brachten so Viele, Einzelne sowohl, als Repräsentanten ganzer Vereine, ein Ehrendenkzeichen ihrer Hochachtung und Liebe mit, um es am Grabe niederzulegen. Aber sollten alle diese Liebesgaben hier verkommen in Wind und Wetter, in Staub

Empfohlene Zitierweise:
verschiedene: Die Gartenlaube (1868). Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig 1868, Seite 623. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1868)_623.jpg&oldid=- (Version vom 30.9.2021)