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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871)

Eva Lessing.
Nach einer Photographie auf Holz gezeichnet von Adolf Neumann.


Tage das Gefühl seiner Selbstständigkeit verdankt. Bei diesem einsamen Manne weilten die Gedanken der harrenden Fremden im Posthause zu Ilmenau, als an ihrem Geiste die theueren Personen vorüberzogen, welche sie in der Heimath zurückgelassen hatte. Sie setzte sich nieder und schrieb:

„Ilmenau, den 17. August 1770.     

Mein lieber Herr Lessing! Ich bin unschlüssig, ob ich an Sie schreiben, oder mich mit dem Postmeister zanken soll. Das Eine geschieht auf Ihre Unkosten, das Andere auf meine. Ich will dieses Mal eigennützig sein und Ihnen lieber einige Minuten verderben, als meiner Gesundheit schaden; zudem ist der Postmeister so freundlich, daß man ihm nicht ankommen kann. Es ist aber doch verzweifelt arg, daß er mich schon sieben Stunden hier sitzen läßt, und ich jetzo noch nicht sehe, wie ich fortkommen werde. Man erwartet die Pferde erst von einer Station zurück … Die Wege habe ich ganz abscheulich gefunden! so grundlos, daß es ein wahres Wunder ist, daß meine Chaise ganz geblieben ist. Das Heimweh stellt sich nun schon ein; es muß sich aber wieder verlieren, sonst geht es nimmer gut. Hier will ich abbrechen, ich möchte sonst wunderliches Zeug sagen. – Ich denke, ich lege mich

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1871). Leipzig: Ernst Keil, 1871, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1871)_161.jpg&oldid=- (Version vom 8.3.2020)