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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872)

Blätter und Blüthen.


Streifzüge eines Feldmalers. Nr. 7. (Mit Illustration, S. 499). Von unserm Feldmaler Chr. Sell erhalten wir über den Gegenstand seines Feldzugerinnerungsbildes folgende Mittheilung:

Am Morgen des ersten September 1870 ertheilte der Kronprinz Fritz dem 11. Armeecorps den Befehl, über Vrigne-aux-Bois auf St. Monges, nördlich von Sedan gelegen, vorzurücken. Das 5. Armeecorps und die 4. Cavalleriedivision folgten dieser Bewegung. Die Vertheidigungslinie der Franzosen war auf der ganzen Ostseite von Sedan, von Bazeilles im Süden bis nach Illy im Norden derselben, wegen steiler Hügel, Wälder und des davor entlangfließenden und unweit Bazeilles in die Maas mündenden Baches eine ganz vortreffliche; im Norden, wo die Dörfer St. Monges und Floing als Stützpunkte dienen mußten, hatte General Douay starke Geschützemplacements anlegen und die Gehölze vor seiner Front vom Geniecorps zur Vertheidigung einrichten lassen.

Das 11. Armeecorps dirigirte gegen halbacht Uhr seine Avantgarde auf St. Monges, erkannte aber, daß es seinen Auftrag nur erfüllen konnte, wenn es sich in Besitz der vorliegenden Höhen setzte; es fuhr sogleich die an der Tête befindlichen zwei Batterien auf, die nun hier die feindliche Artillerie von St. Monges und Floing sich gegenüber hatten. Um elf Uhr standen diese Batterien im heftigsten Geschützfeuer, und hier kam es zu der Kampfscene, welche meine Illustration darstellt.

Während nämlich die Kugeln unserer Batterien in dichte Massen von Franzosen hineinschlugen, traf das auf das Heftigste erwidernde Feuer derselben nicht unsere Artillerie, sondern die Bedeckung derselben, eine Husarenescadron vom 11. Corps. Auf einem vom Regen überschwemmten Acker ohne die geringste Möglichkeit irgendwelchen Schutzes dastehend, mußten die braven Husaren ruhig aushalten, mußten die Cameraden um sich herum stürzen sehen, und sie thaten’s ohne Zucken und Wanken. Mir schilderte kurz nach der Schlacht diese Scene ein Officier, der selbst dabei schwer verwundet wurde und der des Lobes voll war über die Standhaftigkeit und den heiteren Muth, den seine Escadron in diesem Augenblick bewährt habe, wo sie, die nur eine Angriffswaffe ist, ruhig dem fürchterlichen Angriff, gegen den sie keine Abwehr hatte, Trotz bieten mußte. Und weil nun dies einer der Momente ist, in welchem die moralische Kraft und Ueberlegenheit unserer Truppen sich auf’s Glänzendste zeigte, so hielt ich es für Pflicht, ihm in der Gartenlaube ein dauerndes Andenken zu stiften.




„Das abgelegte Clavier.“ Als wir die gewiß kühne, aber so wohlbegründete Bitte jenes Lehrers um ein altes, abgelegtes Instrument zum Druck gaben, überkam uns ein Gefühl, als ob wir dem Wohlwollen unserer Leser doch eine etwas starke Zumuthung gemacht hätten und wir waren auf ein beschämendes Fiasco gefaßt. Es waren aber nur wenige Tage nach der Expedirung der Nr. 22 der Gartenlaube verflossen, so mußten wir mit inniger Freude eingestehen, daß denn doch das gute Herz in Deutschland unverwüstlich ist und daß es in keiner Noth, sie heiße wie sie wolle, ganz vergeblich angesprochen wird. Es wanderte nicht bloß in die Stube des bedürftigen Schullehrers ein stattlicher Flügel, – fast jeder folgende Tag nach diesem ersten Anerbieten brachte ein neues, so daß in diesem Augenblick uns noch über zehn Instrumente die Verfügung freigestellt ist.

Allerdings sind, ohne daß über Erfolg oder Nichterfolg der gewagten Bitte noch ein Wort bekannt war, auch aus den Reihen der Schullehrer Stimmen bei uns eingegangen, welche sich „der Rede ihres Vorgängers“ wortgetreu anschlossen, und darum ersuchen wir die Besitzer der Instrumente, sich darüber zu erklären, ob sie auch für diese „Nachfolger“ ihr Anerbieten gelten lassen wollen. In mehreren dieser Briefe wurden uns Leiden und Entbehrungen von Lehrern und ihren Familien offenbart, welche die des ersten Bittstellers bei weitem übertrafen; für solche Kreuzträger ist es ein Wunder des Himmels, wenn die Musik ihnen noch Trost und Erholung bringen kann, und um so dringender ist unser Wunsch, vor Allen ihnen das Glück, das ihnen unerreichbar erschienen, zu bescheeren.

Die Mehrzahl der menschenfreundlichen Schenkgeber hat zwar die Verschweigung ihrer Namen gewünscht, um aber wenigstens eine Art Quittung und zugleich Hinweisung auf die Standorte der ausgebotenen Instrumente zu geben, lassen wir eine Bezeichnung derselben folgen. Außer dem ersten Instrument, welches von Frankfurt a. M. aus seinen jetzigen Besitzer erfreute, wurden noch zur Verfügung gestellt: in Leipzig ein Fortepiano; in Friedberg in Hessen „ein gebrauchter Wiener Flügel“; in Waldenburg in Schlesien ein sechsthalboctaviger Flügel; in Baiersdorf bei Nürnberg ein Flügel; im Forsthaus bei Limbach in Sachsen ein Flügel; in Schwarzhammer bei Marktleuthen in Baiern ein Flügel; in Zöschlingsweiler bei Lauingen in Baiern ein „abgelegtes Clavier“; in Hamburg ein tafelförmiges Pianoforte von sechs Octaven; in Jakobsau bei Lessen in Westpreußen ein Clavier; in Oster-Terp bei Lügumkloster in Schleswig ein Fortepiano von sechs Octaven.

Auch Baargelder sind für denselben Zweck eingegangen; da aber der ursprüngliche Zweck bereits vollständig erreicht ist, so fragen wir bei den Gebern hiermit an, ob die Verwendung jener Gaben als Unterstützung für die Transportkosten obiger Instrumente ihre Genehmigung hat.




Unbelehrbare Leute! Vor einigen Monaten erschien zu Paris im Verlag von Hachette und Comp. ein Petit dictionnaire géographique administratif, postal, télégraphique, statistique, industriel de la France etc. von Adolph Joanne. Das Erste, was ich bei Empfang desselben that, war, daß ich nachsah, ob sich Straßburg und Metz darin befanden. Ach ja! Sie waren darin verzeichnet als Hauptorte der Departements Bas-Rhin und Moselle, ersteres noch mit der alten Akademie. Von den neuen Zuständen kein Wort! Ich staunte und schlug die Vorrede auf. Da lag die Erklärung des Räthsels. In derselben steht (wörtlich) folgende unschädliche Herzensergießung: „Es wurde in diesem Buche der Verstümmelung nicht Rechnung getragen, welche das französische Gebiet erlitten hat. Zwei Hauptgründe haben uns bestimmt, in unserem Werke Frankreich so zu lassen, wie es vor dem Kriege war. Der erste ist das historische Interesse. Es ist wichtig, der gegenwärtigen und den künftigen Generationen unaufhörlich in’s Gedächtniß zu rufen, was das Vaterland vor dem Vertrag vom 10. Mai 1871 war. Der zweite ist die Hoffnung, daß einen Tag oder den andern Frankreich, wiedergeboren und frei, aber belehrt durch die Erfahrung, seine alten Grenzen, natürliche (!) oder conventionelle (?), wieder nehmen wird (am liebsten wohl jene von 1808!). Provisorisch, damit es die Leser nicht vergessen, sind die Departements (folgt die Angabe der abgetretenen Gebiete). … von den Preußen besetzt, welche sich vergeblich anstrengen werden, daraus deutsche Provinzen zu machen, außer auf dem Papier ihrer Diplomaten und unter den Bajonneten ihrer Soldaten!“ – – Dieser Erguß ist rührend, aber – so lange Frankreich sich die Liebe der Elsässer und Lothringer nur dadurch zu erhalten sucht, daß es sie in Afrika verhungern, verschmachten und fuchteln läßt, – gewiß sehr ungefährlich.




Ueber die neue Wallfahrt unweit Würzburg (Nr. 24, S. 398) ist uns von dem bischöflichen Decanat zu Karlstadt eine Berichtigung zugegangen, für die wir hiermit unsern Dank aussprechen. Danach hat das bischöfliche Ordinariat Würzburg schon im Jahre 1850 die benachbarten Pfarrämter aufgefordert: „die Gläubigen vor den schädlichen Folgen eines irregeleiteten Eifers in dieser Sache eindringlichst zu verwarnen“. Als dies jedoch keine Beachtung fand, befahl ein Ministerialerlaß im November 1865, weil „diese Andachten der Billigung der kirchlichen Oberbehörde sich keineswegs zu erfreuen hätten, vielmehr deren Beseitigung ausdrücklich für nothwendig erachtet würde“, die gänzliche Hinwegräumung der improvisirten Capelle und aller Bilder, und seitdem ist kein Versuch zur Wiederherstellung derselben gemacht worden.




Kleiner Briefkasten.

L. V. in D. Fräulein Klauwell, welche auf dem Musikfest in Cassel durch Vortrag verschiedener Lieder einen so großen Enthusiasmus erregte, ist eine geborene Leipzigerin, die Tochter des als vorzüglicher Elementarlehrer weithin bekannten Schulmanns. Mit Recht rühmt der Berichterstatter der „Neuen Freien Presse“ diese „künstlerisch wie menschlich so köstlich-naive Sängerin, für die man nur mit Heine den Himmel anflehen möchte, daß er sie noch lange hinaus erhalte: so schön und rein und hold.“ – Auf der Bühne wird Fräulein Klauwell niemals erscheinen.

Marie S. in Altona. Auf Ihre liebenswürdige Anfrage bedauern wir ablehnend antworten zu müssen, auch erinnert sich die Redaction dieses Blattes nicht, Ihnen das verlangte Bild versprochen zu haben. Den Dank des Kränzchens „Studien“ haben wir an Werner befördert.

K. in Ldht. Ihre etwas weitläufige und langweiligen Auseinandersetzungen beantworten wir einfach mit den Dichterworten:

Die schöne Form macht kein Gedicht,
Der schöne Gedanke thut’s auch noch nicht.
Es kommt darauf an, daß Leib und Seele
Zur guten Stunde sich vermähle!

Der Verfasser der in Nr. 14 der Gartenlaube abgedruckten Novellette „Die Wahrsagerin“ wird wegen Redactionsangelegenheiten ersucht, seine genaue Adresse anzugeben.

Die Herren Dichter, die wir meinen, ersuchen wir dringend, endlich der Ueberfluthung unserer Redactionspulte durch ungereimte Reimereien mit dem Refrain „Wir ziehen nicht nach Canossa“ Einhalt zu thun. Auch ohne deren Verseleien geht die Reise nicht nach dem italienischen Schlosse!




Zum Nationaldank für Ludwig Feuerbach


gingen noch ein: Schlichtermann in Moskau 50 Thlr.; Kegelgesellschaft durch Jenichen 5 Thlr.; G. S. in Dorpat 10 Thlr.; Pastor Hoeckner in Trebern 1 Thlr.; Gust. Wiese in Richmond 2 Thlr.; Dr. H. Repenbacher in Auerbach (Oberpfalz) 2 Thlr.; Allgemeiner Gewerbeverein in Danzig 16 Thlr. 20 Ngr.; F. W. in Wiesbaden 5 Thlr.; Dr. Maier in Stuttgart 1 Thlr.; August Kleinen in Hamburg 10 Thlr.; Verein „Euba“ 17½ Ngr.; Banquier Rubinstein 5 Thlr.; Cassirer J. Klein 5 Thlr.; Gutsbesitzer Konuwalski 5 Rubel; Agent Rothgeber 2 Rubel (sämmtlich in Charkow in Rußland).




Mit dieser Quittung schließe ich die Sammlung der Gartenlaube für den „Nationaldank für Feuerbach“ und benachrichtige die freundlichen Geber gleichzeitig, daß der Gesammtbetrag von


Zweitausend Neunhundert und zwei Thaler und 27 Sgr.


an die Feuerbach-Stiftung in Nürnberg abgesandt wurde, worüber Quittung in meinen Händen ist.

Ernst Keil.


Verantwortlicher Redacteur Ernst Keil in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.
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Verschiedene: Die Gartenlaube (1872). Leipzig: Ernst Keil, 1872, Seite 514. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1872)_514.jpg&oldid=- (Version vom 3.8.2020)