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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879)

war und die nun so heiter lachte, wie der Himmel, der über uns blaute. Die Geister der Zwillingsschwestern sind in jener Mitternachtsstunde nicht vergeblich um Vermittelung angerufen worden, denn kein Anderer als unser braver, nußbrauner Pierre brachte am Morgen des Abschiedstages dem alten Chef ein struppiges Indianerpferd, eine Flinte mit Feuersteinschloß und etwas Calico in das Wigwam, und als Gegenwerth empfing er die kleine Silberzunge. Unser Zelt, das wir jetzt nicht mehr brauchten, übergaben wir dem glücklichen dunkelfarbigen Paare als Hochzeitsgeschenk, und dann ritten wir dem Missouri zu, wo wir uns nach dem Süden einschifften.

Das war vor mehreren Jahren. Als mich verflossenen Sommer mein Weg noch einmal in jene Gegend führte, die inzwischen lebhafter geworden war, denn ein neues Dorado, die black hills, die eine Oase in der Wüste bilden, war gefunden, da traf ich meine ehemaligen Jagdgenossen nicht mehr. Auch sie hatten den Kriegspfad betreten in den erbitterten, für Weiße und Rothe so empfindlichen Kämpfen, die, wie immer, damit endeten, daß Letztere das Feld räumen und nach dem Lande der untergehenden Sonne weiter ziehen mußten. Der heilige Stein ruht noch wohl gebettet an der Seite des Bärenhügels, aber kein Dacotaweib opfert mehr Perlen und Farben den Geistern der Zwillingsschwestern. Wie ehedem, so wächst und grünt noch auf der Prairie das Gras, aber selten wie ein Indianergesicht sind auch die Büffel geworden, die in endlosen Heerden über diese Ebene nach Norden zogen, ehe der weiße Mann mit seinen vorzüglichen Waffen die schonungslose Jagd begann.

S.




Blätter und Blüthen.


Mittelalterlicher Taufgang. (Mit Abbildung, S. 517.) Unser Bild führt uns nach Straßburg, und zwar in die Zeit seines reindeutschen Lebens, in die erste Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts zurück, auf diese Zeit deuten die Costüme hin, welche sich uns als niederdeutsche mit burgundischen Anklängen zeigen. Wir hätten das Bild auch „Die vier Lebensalter“ benennen können, denn diese sind sämmtlich in den Gestalten vertreten, welche wir die wundervolle steinerne Wendeltreppe herabsteigen sehen, die im ehemaligen „Frauenhause“ (Südfront des Schloßplatzes) noch jetzt die Freude aller Kunstverständigen ist. Das „Frauenhaus“ bewahrt bekanntlich gegenwärtig eine Sammlung von Abgüssen der Sculpturcuriositäten des Münsters und andere Dommerkwürdigkeiten, und ist deshalb ein von Kunstjüngern oft besuchter Ort. Unser Künstler bestieg jene Wendeltreppe im Jahre 1870, als er seinen von Franctireurs gefangenen Freund Theodor Fontane im damaligen Kriegsland suchte, und fand bei dieser Gelegenheit die Idee zu unserem Bilde.

Bedarf das Bild keiner weitern Erklärung, so werden unsere Leser um so lieber über den Schöpfer desselben Einiges erfahren; der begabte Meister selbst hat auf unsere specielle Bitte hin die Freundlichkeit gehabt, uns mit Daten an die Hand zu gehen. August von Heyden hat das Glück einer sehr achtbaren Ahnenschaft im Ritterthum der Geister. Einer der frühesten und geistreichsten deutschen Humoristen, Theodor Gottlieb von Hippel, war sein Großonkel, Theodor von Hippel, der Verfasser des Aufrufs „An mein Volk“ und von „Beiträgen zur Charakteristik Friedrich Wilhelm’s des Dritten“ sein Großvater, sein Vater aber der Dichter des jüngst in zweiundzwanzigster Auflage erschienenen Hohenstaufen-Epos „Das Wort der Frau“. Kein Wunder, wenn zur geistigen Erbschaft dieses Nachkommen, der am 13. Juni 1827 in Breslau geboren wurde, auch die poetische Ader gehörte, deren Schaffelust jedoch den Jüngling zur bildenden Kunst hindrängte. Da aber, nach seines Vaters Ansicht, „die Kunst möglichst wenig nach Brod gehen sollte“, so mußte August von Heyden zunächst einen andern Beruf wählen und folgte seiner Neigung zu den Naturwissenschaften und seinem Hange zum Außergewöhnlichen, indem er den Entschluß faßte, Bergmann zu werden.

Nachdem er in Waldenburg wacker das Leder getragen, machte er Universitätsstudien erst in Breslau, dann in Berlin. Hier markirte das Schicksal schon die künftige Wendung seines Lebenspfades, denn abgesehen von seinem eifrigen Verkehr mit Kaulbach und dessen Genossen beim Ausmalen des neuen Museums, wurde er durch Hermann Stilke ein von Tag zu Tag willkommenerer Gast im Hause von Cornelius, der von dem jungen, phantasievollen Bergmann an einsamen Abenden hinter seiner durch einen Lichtschirm verdunkelten Lampe sich Bergmannsabenteuer und Grubengespenstergeschichten erzählen ließ. Zugleich verband ihn die innigste Freundschaft mit dem später so berühmt gewordenen Architekten Richard Lucä und ward für ihn zu einer neuen Fessel an Berlin. Erst 1859 zerriß er die ihn hemmende Berufskette. Obwohl, nach vorgängiger Wirksamkeit zu Albona in Istrien, bereits Verwaltungschef der Bergwerke des Herzogs von Ujest, verheirathet und Vater von vier Kindern, schied er mit raschem Entschluß aus seinem Amte, besuchte, ein Mann unter Jünglingen, die untersten Classen der Berliner Akademie, trat 1860 in Steffeck’s Atelier und ging im folgenden Jahre nach Paris, wo er bei Glaire und Couture arbeitete und schon nach anderthalb Jahren sich auf dem Pariser Salon durch sein Bild der „Heiligen Barbara als Schutzpatronin der Bergleute“ die goldene Medaille erwarb.

Als fertiger Meister kehrte er 1863 nach Berlin zurück. Das Verzeichniß der zahlreichen Werke, welche der Künstler seitdem geschaffen, findet der Leser, der darnach sucht, in jedem Conversations- und Künstlerlexicon. Genrebilder machen den Anfang, dann aber folgen Schlag auf Schlag historische Bilder und große monumentale Arbeiten, in denen er sein eigenstes Können entfaltet; dazwischen fallen einige Radirungen und mancherlei Illustrationen. Die bekanntesten seiner größeren Arbeiten sind, außer der genannten Bergmanns-Heiligen, „Luther und Frundsberg zu Worms“, jetzt im Germanischen Museum zu Nürnberg, und „Vor der Schloßkirche zu Wittenberg am 31. October 1517“; ferner der Vorhang des Berliner Opernhauses, Arion auf den Meereswogen darstellend, eine reiche, von festlichem Leben erfüllte Composition; als reizende, poetische Schöpfungen wurden 1870 bewundert: „Die Siesta“, „Das Märchen“ und „Der Festmorgen“, welch letzterer von der Nationalgallerie in Berlin erworben ist. Orpheum, Rathhauskeller, Kaisergallerie, Nationalgallerie und manche Privatgebäude in Berlin enthalten monumentale Arbeiten des Meisters. Auch die Ausschmückung des deutschen Fürstenpavillons auf der Wiener Weltausstellung war sein Werk, und im Generalstabsgebäude hat er das Arbeitszimmer Moltke’s decorirt. Nachdem A. von Heyden 1866 mit Bleibtreu und L. Burger die preußische Armee ohne künstlerische Ausbeute auf die böhmischen Schlachtfelder begleitet hatte, regte das Jahr 1870 ihn zu seinem großen Bilde „Walküren reiten über das Schlachtfeld“ an, das in Wien mit der Medaille ausgezeichnet ward. – Romantiker mit voller überzeugter Hingabe, faßt A. von Heyden selbst classische Stoffe von diesem Gesichtspunkte an, wählt aber mit Vorliebe deutsche und nordische Stoffe. Augenblicklich schreitet er zur Ausführung eines großen Auftrages: der Ausmalung des Schwurgerichtssaales in Posen.

A. von Heyden ist auch schriftstellerisch thätig. Er gab „Blätter für Costümkunde“ bei Franz Lipperheide in Berlin heraus, veröffentlichte culturhistorische Aufsätze in Zeitschriften und ist Verfasser anmuthiger Bergmannsmärchen, die unter dem Titel „Aus der Teufe“ im Grote’schen Verlag erschienen sind.




Zur Seemannssprache. Daß in unserem lieben Deutschland nautische Ausdrücke vielfach unrichtig und verdreht seitens des Publicums gebraucht werden, ist eine längst bekannte Thatsache. Es wäre eine Arbeit, ärger als das Leerpumpen eines lecken Schiffes, eine Berichtigung all dieser Irrthümer vornehmen zu wollen. Seit einiger Zeit aber wird ein seemännischer Ausdruck selbst in officiösen und officiellen Artikeln in ganz corrumpirter Weise und so häufig gebraucht, daß es fast scheint, als wolle er sich in dieser unrichtigen Form in unserer Schriftsprache einbürgern.

Es handelt sich um den Ausdruck: „Das Schiff macht so und so viel Knoten die Stunde.“ Bekanntlich wurde früher allgemein und wird jetzt noch auf den kleineren Schiffen, welchen ein Patentlog zu theuer ist, die Schnelligkeit der Fahrt durch das Log gemessen, ein kleines dreieckiges, mit Blei beschwertes Brett, welches so construirt ist, daß es sich bei einem gelinden Zuge gegen das Wasser stemmt und so ziemlich auf dem Platze liegen bleibt, wo es in’s Wasser geworfen ist. An demselben ist eine Leine befestigt, welche auf dem Schiffe an einer leicht drehbaren Rolle läuft. Während das Log fest liegt, das Schiff sich aber von demselben entfernt, kann man an der Länge der sich während einer bestimmten Zeit abrollenden Leine genau sehen, welchen Raum das Schiff in dieser Zeit durchfahren hat. Um nun die Leine nicht zu lang machen und das Geschäft des Loggens nicht zu sehr ausdehnen zu müssen, ist die Zeit der eigentliche Messung bei allen seefahrenden Nationen nur auf eine halbe Minute festgesetzt. Zur leichteren Messung ist die Logleine mit gleichmäßig von einander entfernten Marken versehen. Die Entfernung dieser Marken von einander beträgt 1/120 Seemeile oder ziemlich genau 15,43 Meter, und bezeichnet man diese Entfernung mit dem Ausdrucke „Knoten“. Genau so viel Knoten also ein Gegenstand (Schiff, Strom, Ebbe- und Fluthwellen) in einer halben Minute macht, genau so viel Seemeilen macht er in einer Sekunde oder geographische Meilen in vier Stunden. Da jeder Seemann weiß, was er darunter zu verstehen hat, so ist der Ausdruck „das Schiff macht so und so viel Knoten“ völlig correct; der Seemann ergänzt dabei aber: „in der halben Minute. Ebenso correct ist es zu sagen: „das Schiff macht so und so viel Seemeilen die Stunde“. Aber zu sagen: „das Schiff macht so und so viel Knoten die Stunde oder in der Stunde“, ist nach dem eben Entwickelten ein bodenloser Unsinn.

Ein Seemann.


„Nur wer die Sehnsucht kennt –“ In der nördlichen Moldau lebt eine junge, kinderlose Wittwe, welche aus drückenden Verhältnissen heraus sich nach ihrer Thüringer Heimath sehnt, ohne daß sie oder ihre Angehörigen die Mittel zu der weiten Reise aufzubringen vermöchten. In dieser Noth schöpft sie ihre Hoffnung aus der Möglichkeit, daß eine wohlhabende Familie aus Rumänien nach Deutschland reisen und sie als Reisedienerin mitnehmen könne. Es ist freilich nur ein Strohhalm, nach dem sie greift, aber wir bieten ihr ihn gern: vielleicht kommt doch dieses Blatt der „Gartenlaube“ Lesern vor Augen, welche in der Lage sind, ihr zu nützen, und welche diesen Antrag mit günstigen Blicken ansehen – dann wäre ja wieder einer armen Bedrängten geholfen.



Kleiner Briefkasten.

Mehreren Fragestellern zur Antwort: Die chemische Untersuchung hat ergeben, daß das unter dem Namen „Gölis’ Speisepulver“ bekannte weiße, etwas feuchte Pulver der Hauptsache nach aus doppeltkohlensaurem Natron besteht; beigemischt sind demselben geringe Mengen Cremortartari, Salpeter, Zuckerpulver, sowie ein wenig kohlensaurer Kalk.

A. M. in S. Die Sprachverhältnisse in Belgien waren im Jahre 1879 die folgenden: 2,659,890 sprachen nur vlämisch, 2,256,860 nur französisch resp. wallonisch, 340,770 vlämisch und französisch, 38,070 nur deutsch, 22,700 deutsch und französisch, 1790 vlämisch und deutsch, 7650 andere Sprachen.

Stuttgart 4711. Einen Artikel über die Zulu-Kaffern mit Abbildungen haben wir bereits in unserer Nr. 12 veröffentlicht, Sie scheinen also nicht gerade zu den „aufmerksamen“ unter unseren Lesern zu gehören.

H. H. in F. Ungeeignet! Verfügen Sie über das Manuscript!


Verantwortlicher Redacteur Dr. Ernst Ziel in Leipzig. – Verlag von Ernst Keil in Leipzig. – Druck von Alexander Wiede in Leipzig.

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Verschiedene: Die Gartenlaube (1879). Leipzig: Ernst Keil, 1879, Seite 528. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1879)_528.jpg&oldid=- (Version vom 21.5.2018)